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gulden bulle“. Wenn man bedenkt, dass der ganze eben beendete Streit dadurch entstanden war, dass der Pfalzgraf die Bestimmung der Goldenen Bulle, bei erledigtem Reiche stehe das Vicariat Pfalz und Sachsen zu, dahin ausgelegt hatte, dies gelte auch bei dauernder Abwesenheit des Königs vom Reiche, dass ferner diese Auslegung auch später von den Pfälzischen Kurfürsten auf’s zäheste festgehalten worden ist, so wird man nicht zweifeln, dass gerade mit Rücksicht darauf der Pfalzgraf auf diesem Zusatze bestanden hat.

Bezüglich der Entgliederung des Reiches verpflichtete der Vertrag von 1399 die Verbündeten, dagegen aufzutreten, wenn der König oder Jemand in seinem Namen oder Jemand anders Stücke vom Reiche abzubrechen versuche. Damals hatte Wenzel’s Verhalten gegen den Mailänder Herzog den Anlass dazu gebildet; aber 1424, meint Lindner, habe jede Veranlassung zu einem solchen Paragraphen gefehlt. Es habe zwar angeblich König Erich von Skandinavien damals die Neumark erwerben wollen; man habe aber gar nicht gewusst, wie Sigmund sich dazu stellen werde. Nun hatten die Kurfürsten in Erwägung der grossen Interessengemeinschaft zwischen Sigmund und Erich in der Polnischen Thronfolgefrage zwar allen Grund, hier sehr misstrauisch zu sein; aber noch ein anderes Glied des Reiches stand damals in beständiger Gefahr, ganz verloren zu gehen, das Gebiet des Deutschen Ordens, Preussen. Zieht man in Rechnung, dass die Kurfürsten erst unlängst warm für die Vertheidigung dieses Grenzlandes eingetreten waren, auch gerade mit dem Hinweise darauf, dass der Orden zum Reiche gehöre[1], dass Sigmund aber schon ernstlich eine Theilung des Ordenslandes mit Polen geplant hatte, so begreift man vollkommen, dass den Binger Contrahenten die Aufnahme jenes Artikels sehr nothwendig erschien.

Wenn also Lindner erwiesen zu haben glaubt, dass alle aus dem Vertrage von 1399 herrührenden Artikel für die Ermittelung der wahren Absichten der Kurfürsten in Bingen nicht

  1. Dt. RTA VII, Nr. 271: „und noch dem er zu euch und dem riche gehoret und von bapsten, keisern und kunigen ufgesetzt befriet befestnet und herkommen ist und sunderlich noch dem und ir sin vogt und beschermer sit.“
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_073.jpg&oldid=- (Version vom 7.5.2023)