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Er ist hinaus geriten
als Dieterich von Bern,
manhaft on alles zittren
er ist seins leibs ein kern[1].

Allein die Tapferkeit des Berners ist eigenthümlich charakterisirt. Selten sucht er selbst den Kampf, es sei denn, dass er in jenen Dichtungen der Sage, in welchen das mythische Moment überwiegt, einsam auf Abenteuer gegen Riesen und Drachen ausreite[2]. In den geschichtlichen Dichtungen der Dietrichssage meidet er so lange als irgend möglich die Entscheidung des Schwertes; nicht selten bedarf es des Spottes, ja des Vorwurfs der Feigheit, um ihn zum Kampfe zu reizen. Auch dann noch ficht er vorsichtig und zurückhaltend, bis der Hohn des Gegners oder eine empfangene Wunde seinen Heldenzorn entflammt. Zum Kampfe mit Siegfried entschliesst sich Dietrich sowohl im „Rosengarten“ wie im „Bieterolf und Dietleib“ erst, nachdem ihn Hildebrand an seine ruhmreichen Vorfahren erinnert und endlich sogar im Verein mit Wolfhart durch Hohn gereizt hat. Dietrich selbst bekennt, dass ihm vor Siegfried gebangt habe[3]. Seine Vorsicht im Kampfe selbst schildert uns lebendig Der Nibelunge nôt beim Kampfe mit dem grimmen Hagen[4]. Dieses Zaudern vor dem Kampfe enthalten daher auch jene mythischen Dichtungen der Dietrichssage, die an Thor, den göttlichen Riesen- und Drachenbezwinger, erinnern. Erst nachdem ihm Ecke Feigheit vorgeworfen hat, verweigert Dietrich nicht mehr den Kampf[5]. Vorsichtig begegnet er dem wilden

  1. Uhland’s „Volkslieder“ I, 482, N. 19. Andere sprichwörtliche Beispiele s. Heldens. S. 190, 192, 193 a. a. O.
  2. Virginal. Str. 14: Es reit us Berne, also man seit, | durch sînes lîbes tegenheit | her Dietherich von Berne. Sigenot Str. 1: er rait dick aine von Berne | durch mengen ungefügen tan. Str. 27: war hast du dine sinne getan | daz du ritest ainge von Berne? (Hildebrand zu Dietrich.)
  3. Rosengarten 1462 f., 1712 f., 1900 ff. Biterolf und Dietleib 7801 ff. 8160: ez hilfet wol daz mich sô hât | gestrâfet meister Hildebrant.
  4. Nib. Nôt. 2285 f.: schirmen im began | der hêrre von Berne vor angestlîchen slegen. | vil wol erkander Hagenen: er was ein ûzerwelter degen. | Ouch vorht er Balmunge, ein wâfen starc genuoc. | under wîlen Dieterîch mit listen wider sluoc, | unz daz er Hagenen mit strîte doch betwanc. | er sluoc im eine wunden, diu was tief unde lanc.
  5. Eckenlied Str. 85: Her Ecke sprach: | ich sihe wol, dir ist vehten leit: | dîn lîp vil tugende mîdet. | ich wânde, ez waere ein site an dir. | des
Empfohlene Zitierweise:
Gerhard Schneege: Theoderich der Grosse in der kirchlichen Tradition des Mittelalters und in der Deutschen Heldensage. In: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Band 11 (1894), S. 18–45. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg i. Br., Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_041.jpg&oldid=- (Version vom 5.5.2023)