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und ihre Kirchen schloss. Um diese Zeit beginnt das Liebäugeln der Römer mit den Byzantinern, das geheime verrätherische Einverständniss zwischen beiden zum Sturze der Gothischen Herrschaft[1]. Ja, die Römischen Unterthanen Theoderich’s scheinen sich nicht gescheut zu haben, laut ihren Beifall zu jenen Verfolgungen zu äussern[2]. Seiner vorsichtigen Politik entsprechend, verwandte sich Theoderich zunächst in Konstantinopel für seine Arianischen Glaubensbrüder; endlich schickte er den Römischen Bischof Johannes an der Spitze einer Gesandtschaft zum Kaiser und drohte mit Repressalien[3]. Johannes weigerte sich anfangs die Gesandtschaft zu übernehmen. Die trotzige Haltung, welche er in seiner Unterredung mit Theoderich zeigte, lässt uns schliessen, wie stark die katholische Opposition schon geworden war, wie sicher sie sich fühlte. Gewaltsam, scheint es, wurde er zur Abfahrt nach Konstantinopel genöthigt[4]. Die Auszeichnung und Verehrung aber, mit der Johannes vom Kaiser und der Bevölkerung Konstantinopels empfangen wurde, die in schroffem Gegensatz zu dem früheren Verhältniss zwischen dem Römischen Bischofe und dem Ostreiche stand, der lange Aufenthalt desselben und die langsame Rückkehr[5] musste Theoderich um so mehr Verrath argwöhnen lassen, als ihm ungefähr gleichzeitig gemeldet wurde, dass der Patrizier Albinus mit dem Griechischen Kaiser einen geheimen Briefwechsel zur Vertreibung des Arianischen Ketzers aus Italien unterhalte. Die Häupter des Senates Boethius und Symmachus, welche der König zu den höchsten Ehrenstellen erhoben hatte, schienen an der Verschwörung Theil zu haben oder sie doch zu billigen. Bei der persönlichen Vernehmung fand Theoderich auch hier eine trotzige und feindliche Haltung[6]. Er sah, dass

  1. Dahn, Könige der Germanen II, 169 f.
  2. Der Ton der Quellen lässt darauf schliessen.
  3. Paulus Diac. hist. Rom. XVI, 8.
  4. Anon. Vales. 88 f.
  5. Anon. Val. 91. Paul. hist. R. XVI, 8; Dahn, Könige II, 168. – Die Kaiserchronik weiss von Boten der Römischen Opposition nach Konstantinopel zu erzählen, welche unterwegs abgefangen wurden. Ihre Aussage habe Theoderich zur Verhaftung der Rädelsführer bestimmt (14 161 f.) Vielleicht haben wir es hier mit mehr als bloss dichterischer Phantasie zu thun.
  6. Anon. Val. 85. Noch im Kerker führte Boethius in seiner „consolatio“ eine Sprache, welche Theoderich annähernd mit Caligula vergleicht, I, 4. Nam quae sperari reliqua libertas potest? Atque utinam posset ulla!
Empfohlene Zitierweise:
Gerhard Schneege: Theoderich der Grosse in der kirchlichen Tradition des Mittelalters und in der Deutschen Heldensage. In: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Band 11 (1894), S. 18–45. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg i. Br., Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_021.jpg&oldid=- (Version vom 5.5.2023)