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Anlass hätten. Und jedenfalls steht das Bild, wie wir es hier entworfen haben, der historischen Wahrheit näher, als die übliche Art der Darstellung, in welcher die über Deutschland kommende Eintracht wie ein Deus ex machina auf die Bühne tritt.

Nur mit Hilfe dieses allgemeinen Bildes vermögen wir auch die grosse Umwandlung, welche sich in so kurzer Zeit vollzogen hat, an den Beispielen einzelner Personen uns klar zu machen. Der auffallendste Unterschied in der Gruppirung der Wähler im Jahre 1152 im Vergleich zu den beiden vorangegangenen Wahlen besteht in der veränderten Stellung des Deutschen Episkopats. Sowohl bei der Wahl des Jahres 1125, als auch bei der des Jahres 1137 war das eigentlich massgebende Element der Römisch gesinnte Episkopat gewesen, jene Richtung, welche damals in der gesammten Europäischen Cultur die bedeutendste war und als deren Heros man mit vollem Recht den heiligen Bernhard betrachtet; die Laienfürsten, welche mit dieser Richtung zu gehen verstanden, gelangten zu Einfluss.

Diese ganze Richtung war nun mit einem Schlage bei Seite geschoben, indem es Friedrich gelang, zu der ohnedies schon grossen Gruppe seiner Welfischen Verwandten auch noch die Sächsischen Gegner des Welfen hinzuzubringen und so eine Gruppe von Laienfürsten in einer Grösse zu schaffen, wie sie seit Menschengedenken in Deutschland nicht vorgekommen war. Jetzt lag das Verhältniss umgekehrt: von dem Episkopat konnten diejenigen zu Einfluss gelangen, welche sich dieser Gruppe anschlossen. – Ermöglicht wurde diese Umwandlung freilich nur dadurch, dass die Richtung Bernhard’s von Clairvaux, namentlich in Folge des gewaltigen Misserfolges im zweiten Kreuzzuge, in ganz Europa auch in den kirchlichsten Kreisen ohnedies im Niedergange war. Der Mann, der einst bei allen Europäischen Angelegenheiten seine Hand im Spiele hatte, sass jetzt, von einer neuen Richtung überholt und einflusslos geworden, hinter den Mauern seines Klosters. Die Wahl des Jahres 1152 war nicht sowohl eine Niederlage seiner Richtung, als die endgültige Constatirung dieser Niederlage.

Es ist kein Zufall, dass die grosse Mehrzahl der Bischöfe, deren Friedrich I. sich bedient hat, verhältnissmässig neu ernannt waren; theils solche, welche Konrad III. nach seiner Rückkehr vom Kreuzzuge, d. h. also in der Zeit nach dem Umschwunge

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 316. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_316.jpg&oldid=- (Version vom 11.4.2023)