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Die Nebeneinanderstellung zeigt deutlich, wie Prutz erst nachträglich zu einer völlig veränderten Auffassung der Poehlder Annalen gekommen und wie dieselbe dann mitsammt dem Citat aus dem zweiten Buch der Makkabäer und dem von Prutz aus eigenen Mitteln zugelegten „endlich“ in die Giesebrecht’sche Darstellung übergegangen ist. Hiermit ist aber dem Poehlder Annalisten eine Auffassung imputirt, von welcher er das Gegentheil ausdrücklich bekundet. Er hat die Vorstellung, dass eine Fehde zwischen dem Herzog und dem Markgrafen gewüthet „hatte“, dass sie aber beim Erscheinen Friedrich’s ein Ende nahm. Von einer Störung der Verhandlungen durch einen erneuten Ausbruch der Fehde weiss er nichts, und von dem aufathmenden „endlich“ nach dem Würzburger Reichstag ist er so weit entfernt, dass er vielmehr die Verhandlungen schon vor diesem Tage als abgeschlossen ansieht. Gerade die Schleunigkeit und Piötzlichkeit, mit welcher die Fehde, die unter Konrad Sachsen verwüstet hatte, beim Erscheinen Friedrich’s ein Ende nahm, will er mit dem biblischen Citat bezeichnen. Friedrich ist ihm die Sonne, die aus der Wolkenverhüllung hervortritt.

Es hätte nun Jemand das Recht, die Auffassung des Poehlder Annalisten auf Grund besserer Berichte anzufechten; aber zur Beseitigung irgend einer anderswo auftauchenden Schwierigkeit dem Annalisten die gegentheilige Auffassung unterzuschieben, dieses Recht hat die Forsehung nicht.

Es kann völlig dahingestellt bleiben, wie und ob die Correspondenz Heinrichs des Stolzen bei Sudendorf etwa zu verwerthen ist[1]; es genügt, festzustellen, dass sie für die Geschichte des Jahres 1152 nicht zu verwerthen ist.

Für die ganze Auffassung des Regierungsantritts Friedrich’s I. ist es aber von ausschlaggebender Wichtigkeit, sich von dem Einflusse dieser angeblichen Correspondenz Heinrich’s des Löwen zu emancipiren. Wenn wir wirklich annehmen wollen, dass der Herzog von Sachsen und der Markgraf von Brandenburg, während ihre Sache vor Friedrich I. verhandelt wird, einfach drauf

  1. Ich meinerseits möchte die Unmöglichkeit, für sie ein passendes Jahr herauszufinden, als einen Beweis mehr dafür ansehen, dass der Reinhardsbrunner Epistolarcodex, dem die Stücke entnommen sind (Sudendorf, Vorrede S. VIII Nr. 4), voll von Schülerarbeiten im Briefschreiben ist. Vgl. Wattenbach im Archiv für Kunde Oesterr. Geschichtsquellen 14. S. 57.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 296. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_296.jpg&oldid=- (Version vom 11.4.2023)