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Nachdem Friedrich als Anleiter zuerst dem Kläger Anleite gegeben und ihn so für die Zeit der Romfahrt genügend gesichert hat, hat er nach Beendigung der Romfahrt der zweiten Pflicht des Anleiters genügt, dem Beklagten Kenntniss und Gelegenheit zur Verhandlung zu geben. Dies geschah in der Nähe des Anleiteplatzes Regensburg (5. Juni 1156) und zwar mit Erfolg: der Verklagte erklärte sich zu „Verhandlungen“ bereit, d. h. er machte von seinem Rechte der Wiederbelebung des Processes Gebrauch[1]. Dieses Stadium des Processes hat Otto im Auge, wenn er sagt, „dass in der Sache ein Termin anberaumt werden musste“[2]. Da in diesem Termin (in Regensburg) der Spruch nur formell verkündet wird[3], so müssen wir annehmen, dass er schon vorher unter den Betheiligten vereinbart war, wie denn auch Otto jene Verhandlung bei Regensburg schon als den thatsächlichen Abschluss der Streitigkeiten feiert[4].

Nachdem durch den Einspruch des Beklagten der Process wieder in Gang gebracht worden ist, gelingt es dem Kaiser, beide Parteien daraufhin zu einigen, dass sie sich seinem Schiedsspruch unterwerfen[5]. Der Schiedsspruch bestand, wie bekannt ist, darin, dass Heinrich von Sachsen auch Baiern als zweites Herzogthum erhalten, aber Oesterreich in völliger Unabhängigkeit

  1. Gesta II, 47: Proxima dehinc tercia feria [1156 Juni 5] non longe a civitate Ratispona patruum suum Heinricum ducem alloquens, ad transactionem cum altero itidem Heinrico faciendam tunc demum inclinavit. Preponebat hoc princeps omnibus eventuum suorum successibus, si tam magnos sibique tam affines imperii sui principes sine sanguinis effusione in concordiam revocare posset.
  2. Gesta II, 54: – – – ad curiam Ratisponensem, ubi consilium pro terminanda duorum ducum lite publicari debuit, – – –.
  3. Gesta II, 55: – – – consilium quod iam diu secreto retentum celabatur, publicatum est.
  4. Siehe oben Note 1.
  5. Der königliche Schiedsspruch unterscheidet sich von dem königlichen Rechtsspruche nicht immer in der Form; denn auch jenen kann der König durch Urtheil finden lassen. Aber er unterscheidet sich sachlich, insofern er nicht eine Entscheidung der Rechtsfrage bietet, sondern dasjenige Verhältniss festsetzt, zu welchem der König das Vertrauen hat, dass es eine dauernde Eintracht herbeiführen wird. Der vorliegende Fall zeigt dieses Verhältniss deutlich. Denn die Abtrennung der Mark Oesterreich kann weder als Rechts- noch als Billigkeitsurtheil, sondern nur als Zweckmässigkeitsurtheil motivirt werden.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 289. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_289.jpg&oldid=- (Version vom 10.4.2023)