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Weder in militärischer noch in diplomatischer Beziehung hatte der Herzog von Sachsen einen Sieg erfochten; aber in beiden Beziehungen hatte er erwiesen, dass er allein im Stande war, dem Deutschen Könige mitsammt seinem Anhange die Stange zu halten.

Dieses Verhältniss erhält seine rechte Beleuchtung, wenn man bedenkt, dass der Herzog ein junger Mann von 22 Jahren war.


3.

Der Fortgang des Processes unter Friedrich I. bildet in allen neueren Darstellungen der Geschichte dieser Zeit einen Gegenstand der Behandlung, der an den verschiedensten Stellen zur Erwähnung kommt, ohne dass es möglich wäre, aus diesen Erwähnungen das einheitliche Bild eines Gerichtsverfahrens zu erhalten.

Nach Raumer[1] befand Friedrich sich in einer doppelten Verlegenheit: einmal weil beide Heinriche ihm gleich nahe verwandt waren, sodann weil er an die Aussprüche König Konrad’s in der Sache gebunden gewesen sei: unter diesen Umständen sei es das angemessenste gewesen, die ganze Sache nochmals im Wege Rechtens auf einem Reichstage zu untersuchen. Heinrich von Oesterreich fand sich indess mehrerer Vorladungen ungeachtet nicht ein, theils weil dieselben nicht gehörig ergangen, theils weil eine nochmalige Untersuchung der durch Konrad’s Belehnung zweifellos gestellten Thatsache unzulässig sei. „Um dieses Ungehorsams, dieser Verletzung der Form willen ward dem Herzoge, ohne in die Rechtsfrage selbst tiefer einzugehen, auf einem Reichstage in Goslar das Herzogthum Baiern abgesprochen und seinem Gegner verliehen. Zwar blieb jener für den Augenblick noch im Besitze des Landes, allein Heinrich der Löwe vertraute um so gewisser auf den künftigen Beistand des Königs, da dieser seine Wünsche bei andern Gelegenheiten ebenfalls unterstützte“. Nachdem er die Rückkehr von der Romfahrt berichtet, erzählt Raumer[2], Heinrich der Löwe sei sehr ungehalten darüber gewesen, dass ihm Heinrich von Oesterreich „ungeachtet der königlichen Belehnung“ Baiern schlechterdings nicht einräumen wollte. Friedrich habe den letzteren mit mündlichen Verhandlungen nicht

  1. Hohenstaufen 3 Bd. 2, S. 6.
  2. Bd. 2, S. 37.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 278. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_278.jpg&oldid=- (Version vom 10.4.2023)