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In einem Brief an Clausewitz sagt Gneisenau am 16. November über den Kriegsrath vom 7. November:

„Mein Feldzugsplan ging darauf hinaus, dass eine grosse Armee am Mittelrhein operire, die Schlesische Armee über den Niederrhein gehen and ihre Richtung gegen Mastricht und Antwerpen nehmen, die disponiblen Truppen der Nordarmee der Yssel sich bemächtigen und eine Armee aus der Schweiz durch die Franche-Comté dringen solle.“ Man sieht, das ist wörtlich, was wir oben in der Denkschrift über die grosse Frage des Augenblicks gelesen haben. Der Brief fährt fort: „Als ich hierherkam, fand ich die Oesterreichischen Generale meinem Entwurfe sehr geneigt, nur wollten sie die Schweizer Armee grösser als die am Mittelrhein machen, was bei meinem Plan der umgekehrte Fall war.“

Diese Worte bestätigen noch einmal, dass der Gedanke, „aus der Schweiz durch die Franche-Comté zu dringen“, als Antrag Gneisenau’s in den Kriegsrath gekommen ist, nicht als ein Antrag der Oesterreicher, wie er ja auch in der Denkschrift Schwarzenberg’s nicht steht. Diesem Antrag Gneisenau’s zeigten sich nun die Oesterreicher „sehr geneigt“, nur dass sie die Hauptarmee selber auf diesen Weg schicken wollten, während Gneisenau diese für den Mittelrhein festhielt und den Marsch nach der Schweiz für einen kleineren Heertheil in Aussicht nahm.

Wie stand nun zu diesem Vorschlag Gneisenau’s der Feldmarschall-Lieutenant Graf Radetzky?

In der schon 1858 erschienenen Sammlung seiner „Denkschriften militärisch-politischen Inhalts“, die Bernhardi auch in der zweiten Auflage seines Werkes nirgends einer Erwähnung würdigt, findet sich ein vom 7. November datirter Aufsatz: „Vorschläge zur Aufstellung der verbündeten Armeen auf dem rechten Rheinufer zur neuen Offensive“ (S. 231–239).

In diesem Aufsatz wird ausgegangen von dem Satze, dass Napoleon nach dem Russischen Feldzug „fünf Monate der höchsten Anstrengung“ gebraucht habe, um eine neue Armee zu schaffen, dass man daher ohne Uebertreibung mit Gewissheit annehmen könne, er werde unter drei Monaten nicht im Stande sein, eine neue Offensive zu ergreifen. Auf die richtige Benützung dieser drei Monate komme nun für die Verbündeten alles an. Um sich zu sammeln und zu neuen Operationen vorzubereiten,

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_207.jpg&oldid=- (Version vom 1.5.2023)