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worden. Als unzweifelhaft Oesterreichisches Werk haben wir mit Bernhardi in der That den Aufsatz anzusehen, in Bezug auf die Entstehungszeit aber hat sich B. geirrt. Da die Denkschrift kein Datum trägt, so ist die Entstehungszeit nur aus dem Inhalt zu errathen. B. spricht sich darüber nicht mit Bestimmtheit aus, aber der Zusammenhang, in dem er sie auf S. 50 ff. zergliedert und bespricht, zeigt, dass er sie in die Zeit verlegt, da die Frage des Durchmarsches der Hauptarmee durch die Schweiz und des Vormarsches nach Langres die Geister bewegt, und das ist, wie wir sehen werden, erst die Zeit nach dem 8. bezw. 13. November. Nachdem er nämlich die Hauptsätze der Denkschrift mitgetheilt hat, sagt er S. 53: „Gneisenau erhob sich, indem er mit der grössten Verachtung von der strategischen Bedeutung des Plateaus von Langres sprach, mit Nachdruck gegen diesen Plan; hauptsächlich wegen des Zeitverlustes, den die weite Umgehung durch die Schweiz herbeiführte“. Aus diesen Worten muss Jedermann schliessen, dass in der eben mitgetheilten Denkschrift die Umgehung durch die Schweiz und der Marsch nach der Hochebene von Langres warm empfohlen worden sei. Aber in der ganzen Denkschrift steht davon kein Wort, kein Wort von Langres, kein Wort von der Schweiz, und das ist entscheidend für die Frage nach ihrer Entstehungszeit. Da sie weder von der Schweiz noch von Langres ein Wort enthält, so muss sie aus einer Zeit herrühren, da von beiden noch nicht die Rede war, und das war die Zeit vor dem 7. November. Sie muss entstanden sein vor der ersten Berathung und eine der Vorlagen derselben gebildet haben. Sobald wir uns über diese Annahme verständigen, wird alles klar und verständlich, was in der Darstellung Bernhardi’s unklar und unverständlich bleibt, oder durch sie erst unklar geworden ist.

Und nun zur Denkschrift selbst. Wer sie auch nur einmal flüchtig liest, glaubt nicht einen Aufsatz zu lesen, sondern eine Rede zu hören, die von einem schneidigen General in schneidigem Tone vorgetragen wird. Er sieht sofort, für den Sprecher wie seine Hörer gibt es eine Vorfrage gar nicht, wie die, welche hier von der Nachwelt vermuthet wird. Von dem Ob der Fortsetzung des Krieges ist als einer Frage gar nicht die Rede und am allerwenigsten von einer Neigung, die Fortsetzung des Krieges „weder nothwendig noch rathsam“ zu finden. Die ganze Ausführung

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 201. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_201.jpg&oldid=- (Version vom 30.4.2023)