Seite:De DZfG 1893 10 115.jpg

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

E. E. wird sonder Zweiffel annoch von vorigen Zeiten her erinnerlich seyn, wass für wiedrige Gesinnungen und impressiones der Grossfürstin K. H. grösten theils auf Eingeben Ihro Frau Mutter und des verstorbenen Ober-Marschalls von Brümmer und dessen adhaerenten damahls und noch lange nach der Abreise der Fürstin von Anhalt Zerbst bey allen Gelegenheiten wieder den Canzler und bloss in odium seiner auch bey verschiedenen Gelegenheiten gegen Unsern Hoff theils öffentlich, theils in Geheim verspühren lassen. Solche Arth zu dencken schiene bey erstbenanter Printzessin so tiefe Wurtzeln gefasset zu haben, dass man kaum vermeinen sollen, dass sie selbige jemahlen abändern werde. Inzwischen haben sich seit etwan anderthalb Jahren und darüber, und nun insonderheit wieder, seitdem der Hoff sich zu Moscau befunden hat, nach dem besonderen Verhältnüsse, so sich von Zeit zu Zeit zwischen der Kays. Mt. und beyderseits Kays. Hohten geäussert hat, verschiedene geheime Umstände Connexiones und Anecdoten, die sich keiner Feder nicht vertrauen lassen, ergeben, wobey die Grossfürstin sowohl als der Grossfürst, iedoch die erste vornehmlich Selbst des Kantzlers Freundschaft zu suchen sich unumgänglich genöthigt gesehen, wo die denn auch würklich bey ihm allein und nachdem andere, an die Sie sich vorhin gewendet, Sie entweder hintergangen, oder Ihro zu dienen sich nicht getrauet, den besten Rückhalt gefunden. Gleichwie überhaupt ein jeder der die Grossfürstin näher zu kennen Gelegenheit hat, gestehen muss, dass sie zunebst einer trefflichen und hurtigen Einsicht und Verstand wodurch sie ein vollkommenes ascendant über denn Grossfürsten erworben hat, annoch die Eigenhafft besitzet, in ihren sentimens, wenn Sie einmahl einen gewissen pli fasset, viel fermeté zu bezeigen und sehr vorsichtig und verschwiegen zu seyn; So hat Selbige seit obberührten epoquen nach und nach Ihro vormahlige Gedenckens Art und principia völlig fahren lassen und anbey dermahlen aus Erkenntlichkeit vor die von dem Cantzler Ihr erwiesene Dienste Ihro gäntzliches Vertrauen demselben dergestalt gegönnet, dass sie ohne seinen Beyrath keinen tritt mehr thut, weiss solches aber auch des Cantzlers eigenen Ihro gleich Anfangs gethanen inständigsten Vorstellungen und Bitten gemäss so zu couvriren, dass es bis dato zu des Canzlers grösten Satisfaction auch den scharfsichtigsten Augen am Hoffe verborgen bleibet. In Folge obangezeigten Verhältnüsses ist es geschehen, weil die Schwangerschaft der Grossfürstin noch nicht förmlich bekant gemacht worden, nur gedachte Prinzessin aber natürlicher Weise verlangen trägt Ihre Frau Mutter an die Sie in zwey Jahren nicht geschrieben hat, davon vertraute Nachricht zu geben, wozu Sie bey der genirten situation worin Sie sich befindet, so wenig als noch minder zu andrer Correspondenz

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_115.jpg&oldid=- (Version vom 13.4.2023)