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erfolgt sei. Aber indem Otto von einer solchen Auffassung seinen Lesern Kenntnis zu geben scheint, verwahrt er sich dagegen, dass er dieses Argument geltend mache. Dass für dasselbe eine positive Thatsache gar nicht angeführt werden könnte, geht aus seiner eigenen Darstellung hervor. Und ein Bewusstsein davon, dass alles, was an Thatsachen angeführt werden konnte, einer gegentheiligen Deutung fähig war und gegnerischerseits wohl auch schon damals einer solchen unterzogen wurde, ist mit Ottos Darstellung und seiner Verwahrung gegen das schwanke Argument zum mindesten nicht unvereinbar.

Erst in der letzten Zeit Kaiser Friedrich’s I. begegnen wir in der Staufischen Historiographie einer anderen Anschauung. Die poetische Umformung Otto’s, die unter dem Namen Guntheri Ligurinus geht, ein Lobgedicht auf Friedrich, das im Jahre 1187 an ihn gerichtet wurde[1], erzählt den Hergang zwar im Ganzen nach Otto, betont aber zweimal, dass in der Handlung Konrad’s eine Quasi-Erbeseinsetzung des Neffen („velut haeredi“, „haeredem quasi designare“) liege. An die Spitze dieser Ausführungen stellt er die ausdrückliche Behauptung, dass in den Thatsachen ein Beweis für die Absicht Konrad’s enthalten sei, an den Schluss

  1. Wattenbach II5, S. 256.

    Hanc ipsum voluisse suis succedere regnis
    Et patruum res ipsa probat, cui sanguine juncto
    Ac velut haeredi moriens insignia nuper
    Regia, vel parvâ sperans de prole, reliquit
    Quippe Deus si regna diu voluisset in illâ
    Stare domo, prolem potuit servasse priorem,
    Quae jam suscepto consorti foedere regno,
    Flebilis indignâ praecessit morte parentem.
    Nunc quoniam fatis e fratribus alter iniquis
    Occidit, et casu regnum fraudavit acerbo,
    Alter adhuc teneris puer est male firmus in annis:
    Quis melius patruo (faveat modo vestra voluntas)
    Succedat quam quem studiis et carne propinquum
    Ipse sibi haeredem quasi designasse videtur?
    Noverat ille quidem generosae robora mentis
    Noverat atque ideo regnum quantum esset in ipso
    Tradidit, et nato voluit praeferre nepotem.
    Nec alienus erit: nulla hîc translatio regni,
    Nulla sub ignoti redigemur jura tyranni.

    (Gunther Ligurinus s. de rebus gestis Friderici I Aug. libri decem; ed. Dümge [Heidelberg 1812] lib. I, v. 316 ff.)

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_083.jpg&oldid=- (Version vom 8.4.2023)