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vir prudens de filio suo adhuc parvulo, ne in regem sublimaretur, quasi desperatus; idcirco et privatae et rei publicae melius profuturum iudicabat, si is potius, qui fratris sui filius erat, ob multa virtutum suarum clara facinora sibi succederet.

Diese Auseinandersetzung zerfällt in zwei Theile. Der erste ist ein Bericht über Thatsachen, der zweite (enim) gibt eine Motivirung derselben. Als Thatsache berichtet Otto, dass der sterbende König seinen einzigen Sohn und die Reichsinsignien dem Herzog von Schwaben in aller Form übergeben hat. Als Motivirung fügt Otto hinzu, dass der König klug genug gewesen sei, um die völlige Unmöglichkeit der Wahl seines kleinen Sohnes einzusehen, und dass er daher bei Zeiten, so viel wie an ihm war, direct dem einzigen handlungsfähigen Hohenstaufen die Krone in die Hand spielen wollte.

Die Antistaufische Tradition liegt in einer grossen Anzahl späterer Berichte vor, verhältnissmässig am günstigsten in der Halberstädter Bisthumschronik (Gest. episc. Halberst., M. G. SS. 23, 107).

Qui cum filium suum puerum adhuc, regem futurum, et insignia imperialia domni Frederici ducis Suevie, qui proximus eius heres fuit, fidei commendasset – – –

Auch diese Auseinandersetzung zerfällt in Bericht und Motivirung. Der Bericht gibt die Thatsache, dass der König auf dem Sterbebette Sohn und Reichsinsignien an den Herzog von Schwaben übergab. Die (eingeschobene) Motivirung besagt, dass Konrad gerade die Absicht gehabt habe, den Sohn als Thronerben (regem futurum) dem Herzog als dem nächstberechtigten Agnaten (proximus eius heres) zu übergeben.

Die Staufische Tradition sieht in der Wahl des Herzogs von Schwaben eine Befolgung der Absichten König Konrads, die Antistaufische eine Abweichung von denselben. Beide stimmen aber, soweit wir sie bisher kennen gelernt haben, darin überein, dass als Thatsache nichts vorlag, als die Uebergabe des Sohnes und der Reichsinsignien an den Herzog.

Jede dieser Traditionen hat nun ihre eigene Geschichte, in welcher der ursprüngliche Bestand von Thatsachen aus dem Bestande von Auffassungen und Anschauungen allmählich vermehrt wird.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_081.jpg&oldid=- (Version vom 8.4.2023)