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wenn drei wirkliche Landrichter in fideler Weinlaune sich den ungehörigen Scherz erlauben, ein solches Erkenntniss mit Unterschrift und Amtssiegel herzustellen: so ist selbstverständlich, dass ich nicht nöthig habe, gegen ein solches „Erkenntniss“ zu recurriren, sondern dass ich ihm überall, wo es mir etwa vorgehalten wird, die exceptio nullitatis entgegenstellen kann. Ist dies aber richtig, dann macht es rechtlich keinen Unterschied, ob ich behaupte, dass der „erkennende Richter“ niemals Richter gewesen sei oder dass eine Stunde vor der Urtheilsfällung seine Pensionirung in Kraft getreten sei; ob ich behaupte, dass der „erkennende Richter“ im Scherz oder dass er in sinnloser Trunkenheit gehandelt habe. Und so eröffnet sich die Perspective auf eine ganze Reihe von Nullitätsfällen[1], die allen Rechtssystemen gemeinsam sind, ganz gleichgültig, ob ihre Gesetzbücher sie zufällig erwähnen oder nicht.

Das ist aber der Fehler, der so oft begangen wird, wenn man gewisse Institute als specifisch Römisch-rechtlich ausgibt. Man übersieht, dass uns von dem Rechtsleben der Römer eben mehr in juristischer Form erhalten ist, als von dem anderer Völker. Eine ganze Reihe von Instituten wird heute bloss desswegen als Römisch-rechtlich betrachtet, weil von den älteren Literaturen die Römische die einzige ist, in welcher sie zufällig aufgezeichnet und erhalten sind.


II.
Das Vermächtniss Konrad’s III.

Ueber die letztwilligen Bestimmungen Konrad’s III. haben wir zwei Traditionen, eine Staufische und eine Antistaufische.

Die Staufische Tradition ist uns am deutlichsten erhalten bei Otto v. Freising (Gesta Frid. I, 70):

– – – 15 Kal. Marcii vitam finivit, regalia duci Friderico cum unico suo item Friderico commendans. Erat enim tamquam
  1. Alles dies läuft darauf hinaus, über der juristischen Bedeutung des Wortes „Nullität“ nicht die eigentliche Bedeutung des Wortes „nulla“ zu vergessen. Dass da, wo es kein Erkenntniss gibt, sententia nulla im letzteren Sinne vorliegt, ist nicht wohl zu bestreiten. Allein diesen Unterschied betonen zu wollen, heisst das Sachverhältniss verdunkeln. Auch der römische Ausdruck „sententiam esse nullam“ hat ursprünglich keine andere Bedeutung gehabt als „sententiam non esse“ und erst sehr spät statt der Bedeutung des „Nichts“ die der „Nichtigkeit“ in sich aufgenommen.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_080.jpg&oldid=- (Version vom 8.4.2023)