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nur ein daraufhin gehendes Verfahren eröffnet werden. Ein solches Verfahren bewegt sich in drei Terminen. Wir hören aber nichts von einer dreimaligen Vorladung. Die Ladung Heinrich’s nach Bamberg und Regensburg geschieht bloss in Sachen der Regalien. Und dass Heinrich zu dem Würzburger Tage, wo seine Aechtung erfolgte, geladen worden wäre, wird gar nicht einmal behauptet.

Wollte man aber auch alle diese Termine und Ladungen mit Aechtung und Huldigung in Zusammenhang bringen, wollte man den Termin für die Huldigung noch so eng bemessen, es bleibt keinerlei Möglichkeit, in einem Zeitraum von 4 ½ Monaten erstens eine angemessene Frist für die Huldigung und zweitens drei angemessene Fristen für Termine unterzubringen.

Nehmen wir nun dazu, dass alle Umstände für die Annahme sprechen, dass Konrad in Würzburg in der That nur von wenigen Fürsten umgeben war[1], so wird uns die Anschauung vollkommen begreiflich, dass ein unter Vernachlässigung aller Fristen und Ladungspflichten von einer beliebigen kleinen Fürstenversammlung an beliebigem Ort ausgesprochener Spruch kein Urtheil sei und es durch die blosse formale Thatsache, dass der König der Versammlung präsidirte, auch kein Urtheil werden könne.

Alles was wir über die Vorgänge nach der Aechtung hören, bleibt unverständlich, wenn wir nicht annehmen, dass dem Deutschen Recht wenigstens die Möglichkeit einer sententia nulla geläufig war.

8. Das Ergebniss, dass die sententia nulla keine specifische Eigenthümlichkeit des Römischen Rechts ist, kann in keiner Weise überraschen. Bei einigem Nachdenken muss man sich sagen, dass die sententia nulla ein Institut ist, welches keinem Rechtsleben fehlen kann. Auch heute, wo sie angeblich abgeschafft ist, wo jedes Erkenntniss die Rechtskraft beschreitet, sobald es nicht binnen gesetzlicher Frist angefochten wird, bleibt doch immer noch die Möglichkeit, von einem vorgelegten Schriftstück zu bestreiten, dass es überhaupt ein gerichtliches Erkenntniss sei. Wenn die ersten besten zusammengelaufenen drei Leute gegen mich ein landgerichtliches Erkenntniss fabriciren, oder

  1. Bernhardi S. 55.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_079.jpg&oldid=- (Version vom 8.4.2023)