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Die Welfenprocesse und die ersten Regierungsjahre Friedrich Barbarossas (1138–1156).
Von
J. Jastrow.


Während die Aechtung Heinrich’s des Löwen im Jahre 1180 wiederholt Gegenstand genauer Untersuchung in ihren straf- und processrechtlichen Einzelheiten gewesen ist, haben die früheren Welfenprocesse eine solche Untersuchung bisher nicht gefunden. Es scheint, dass dort gerade die mangelhafte Ueberlieferung die Forschung immer auf’s neue gereizt, und dass ein reichlich vorliegendes Material, das nur der richtigen juristischen Interpretation harrt, den gleichen Reiz nicht geübt hat.

Eine genaue Durcharbeitung dieser Processe an der Hand alles dessen, was wir sonst von dem älteren Deutschen Processverfahren wissen, gewährt uns nicht nur in processgeschichtlicher Beziehung manchen neuen Aufschluss, sondern wirft gleichzeitig auch hier und da neues Licht auf die politischen Verhältnisse, unter denen die Processe geführt wurden. Aus diesem Grunde sind einige Studien über die Politik der ersten Regierungsjahre Friedrich’s mit der Behandlung der älteren Welfenprocesse unter gemeinsamer Ueberschrift vereinigt.


I.
Aechtung Heinrich’s des Stolzen, 1138.
(Sententia nulla im Deutschen Recht.)

Das Römische Recht kennt neben dem ungerechten Urtheil noch ein nichtiges Urtheil. Das erstere muss wegen Ungerechtigkeit angefochten werden, widrigenfalls es rechtskräftig wird; gegen das letztere kann zwar der Verurtheilte appelliren, er

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_071.jpg&oldid=- (Version vom 7.4.2023)