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VIII. Friedenszeit unter König Hilderich 523–530.

Thrasamund’s Nachfolger, Hilderich[1], der hochbetagte Sohn Hunerich’s und der Kaisertochter Eudocia, war ähnlich wie in Italien die Königin Amalasuntha, Theoderich’s Tochter, seiner Vandalischen Nation entfremdet, sanften Gemüthes, dem Kriege völlig abgeneigt und, was die Hauptsache ist, völlig romanisirt, dem Byzantinischen Hof und zumal Justin’s einflussreichem Neffen und designirtem Nachfolger Justinian I. aufs engste befreundet und gerirte sich demgemäss nicht etwa aus blossen Opportunitätsrücksichten der Politik, wie vorübergehend sogar ein Geiserich und Hunerich, sondern aus innigster Ueberzeugung, als den aufrichtigsten Freund und Beschützer des Katholicismus, wenn er auch den Arianismus nicht abschwur (s. Procop. I c. 9).

Gleich nach dem Tode Thrasamund’s – und zwar, um seinen Eid nicht zu verletzen[2], noch ehe er officiell vom Thron Besitz ergriff, – bewilligte Hilderich den Katholiken die uneingeschränkteste Cultusfreiheit, rief die verbannten Oberhirten aus dem Exil zurück, gestattete, dass an Stelle des inzwischen im Auslande verstorbenen Eugenius ein gewisser Bonifatius im Coemeterium s. Agilei zum Bischof der Hauptstadt gewählt wurde und gab gerne seine Einwilligung zur Wiederbesetzung sämmtlicher erledigter Diöcesen[3]. Jetzt fanden auch wieder katholische

  1. Vgl. über ihn Schwarze a. a. O. p. 172.
  2. Dahn p. 260 verwirft mit Recht diesen „heiligen Betrug“, über den selbst Gibbon a. a. O. p. 326 zu günstig urtheilt, und wogegen Mally (a. a. O. p. 104) selbstverständlich gar nichts einzuwenden hat: „Hilderich – – – rief, eingedenk seines Eides, ehe er noch förmlich die Regierung übernahm, die verbannten Bischöfe aus dem Exile zurück – – –“.
  3. Vgl. Vit. s. Fulg. c. XXVIII, § 59, XXIX, § 60 und Vict. Tonnenn. l. c. Dass diese Friedenspolitik auch epigraphisch bezeugt, vermuthet Schwarze a. a. O. p. 172, ohne zu überzeugen, freilich zaghaft genug: „Ein Denkmal dieses Friedensschlusses bietet uns vielleicht die unvollständige Inschrift Nr. 10 706, welche sich in einer Kirche zu Hr. Mertum in Numidien befand und von De Rossi ergänzt worden ist – – –: In nomine domini et salvatoris nostri Jesu Christi tempore domini Hildericis regis, qui – – – longamque persecutionem pacavit, hanc ecclesiam – – –. Würde diese Ergänzung richtig sein [ich halte sie für sehr gewagt!], so hätten wir in vorliegender Inschrift ein Gegenstück zu Nr. 9708, welche von der Grundsteinlegung einer christlichen Basilica im Jahre 324 berichtet.“
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_067.jpg&oldid=- (Version vom 7.4.2023)