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jener Raubfahrten entsprechend, da sicher ebenso wenig um systematische Religionsverfolgungen gehandelt, als das in den Jahren 429–435 auf Africanischem Boden der Fall war. Es war dem König in erster Linie um Befriedigung seiner Beutelust zu thun. Nur beim ersten Raubzug, dessen Ziel Sicilien war, ist es auch zu einer systematischen Religionsverfolgung gekommen. Hydatius (Idatius, Continuatio chronicorum Hieronym., ed. Th. Mommsen, Mon. Germ. Auct. ant. XI, pars I, p. 23) berichtet ausdrücklich, Geiserich hätte damals die Sicilischen Katholiken auch wegen ihres Glaubens belästigt.

Der Erfolg der Geiserich-Verfolgungen scheint kein erheblicher gewesen zu sein. Es will freilich nicht viel besagen, dass uns Victor Vit. I c. 16 bezw. I c. 48–50 nur eine einzige Apostatin, die Frau des Bekenners Satirus, namhaft macht; denn wir werden bald sehen, dass er die Zahl der Lapsi der Hunerich-Verfolgung gewaltig, und zwar absichtlich, unterschätzt hat.

Was endlich den Charakter Geiserich’s betrifft, so schildert Victor von Vita mit Bewusstsein diesen Verfolger seiner Glaubensgenossen als einen Unmenschen, der mit der Parität eines Tyrannen gegen seine Romanischen und Germanischen Unterthanen mit gleicher Grausamkeit wüthet. Das richtige Bild seines Charakters lässt sich aber mit Hülfe einiger ruhiger gehaltenen Quellenberichte des 5. und 6. Jahrhunderts herstellen. So ist z. B. die hohe staatsmännische Bedeutung des Meerkönigs, abgesehen von seinen Religionsverfolgungen, die man mit Dahn, Könige I, p. 244 f. als sittlich und politisch gleich verwerfliche anzusehen hat, durch Schriftsteller wie Jordanis und die vortrefflichen Byzantiner Priscus, Malchus und Procopius, und sogar durch gelegentliche Zugeständnisse, die Victor selber fast unwillkürlich entschlüpfen (I c. 4. 8. 17 bezw. I c. 13. 14. 24. 51), bezeugt. Aber auch sittliche Vorzüge des Vandalenkönigs lassen sich quellenmässig belegen; dass er die Altgermanische Vorliebe für die Tugend der Keuschheit in keiner Weise verleugnet, beweist das begeisterte Lob des „Jeremias“ jenes Zeitalters, Salvianus[1], und dass er wahre Tugend auch an

  1. De gubern. Dei l. VII c. 20–22, §§ 84–100, ed. Halm, Mon. Germ. auct. antiq. tom. I, 1 (1877) p. 99–102. Sidon. Apollin. berichtet freilich schon 458 von Geiserich, dass er träge und dick geworden sei, durch Buhlerinnen zu
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_042.jpg&oldid=- (Version vom 6.4.2023)