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der Umstand, dass die neue Staatskirche in dem neuen Reiche nothwendig der Fundirung und Dotation bedurfte, öfter Anlass zu Gewaltthätigkeiten gegen die katholische Kirche, die freilich zum Theil einfach in der Natur der Sache begründet waren.

So lässt es sich also erklären, dass Geiserich und Hunerich wiederholt katholische Kirchen nebst den dazu gehörigen Gütern dem Arianischen Cultus überweisen[1]. Weiter dienten die Katholikenverfolgungen auch vielfach bloss dem Zwecke einer Bereicherung des Fiscus, wie denn überhaupt Geiserich und noch mehr Hunerich einem fiscalischen Raubsystem huldigten, was freilich zum Theil mit der Gründung einer Monarchie unter ausserordentlich schwierigen Verhältnissen zusammenhing[2]. Endlich konnten die Herrscher natürlich auch aus persönlichen, specielleren Gründen Katholikenhetzen veranlassen; so hatte Hunerich die orthodoxen Bischöfe im Verdacht, sie seien gegen seinen Plan, die Krone dem Hausgesetze seines Vaters zuwider seinem Sohne Hilderich zuzuwenden[3].

Der allgemeine Charakter der Vandalischen Katholikenverfolgungen ergibt sich grossentheils schon aus den soeben skizzirten Motiven. So wurde in erster Linie die Geistlichkeit, der Episcopat, sowie der weltliche Adel, die reichen und vornehmen Laien, wegen ihres Glaubens behelligt; denn sie galten vorzugsweise den Germanischen Siegern als politisch verdächtig; diese beiden Stände hatten namentlich unter Geiserich zu leiden. Hunerich hingegen, fanatischer und politisch verrannter als sein Vater, verfolgte wenigstens seit Veröffentlichung des Februaredictes mehr unterschiedslos alle seine katholischen Unterthanen, geistliche wie weltliche, reiche, wie arme Laien, Männer wie Frauen, Erwachsene sowohl wie zarte Knaben; auch erstreckte sich seine Verfolgung, wenigstens zuletzt, auf alle Provinzen, während die Massregeln seines Vaters zumeist auf die Zeugitana nebst Karthago

  1. Vgl. Vict. Vit. I c. 3, 5 bezw. I c. 9, 15, 16; IV c. 2 bezw. III c. 3–14 [Das Februaredict Hunerich’s]; Vit. s. Fulg. c. I a. a. O.
  2. Vgl. Vict. Vit. I c. 2, 4 bezw. I c. 5–7, 12–14; II c. 1, 7 bezw. II c. 1. 2. 23–25; IV c. 3 bezw. III c. 15. 16; V c. 16 bezw. III c. 53. 54; Prosperi Aquitani Chron., ed. CanisiusJac. Basnagius, Thesaur. monum. T. I, p. 303; Vit. Fulg. l. c., Procop. l. c.
  3. Vgl. Vict. Vit. IV c. 4 bezw. III c. 17–19.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_024.jpg&oldid=- (Version vom 5.4.2023)