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Blicke über das Jahr 1511 hinaus zurückgelenkt. Und doch haben sich gerade wenige Jahrzehnte zuvor, in den Jahren 1490 auf 1491 und 1501–1506, zweimal nach einander auf dem östlichen Schauplatz Ereignisse abgespielt, welche mit denen aus den Jahren 1511–1515, im Hinblick auf ihre Ursachen und Gründe, auf ihren inneren Zusammenhang und ihre Wechselwirkung, die grösste Aehnlichkeit haben. Aus dem Verhalten Maximilian’s gerade während jener Jahre gewinnen wir einen tiefen, bisher ungeahnten Einblick in den Kurs und das Wesen seiner gesammten östlichen Politik und damit eine sichere Handhabe zur Lösung und Aufklärung seines Verhaltens während der Jahre 1511–1515.

Dass keiner der früheren Darsteller auf jene Ereignisse Rücksicht genommen hat, beruht zum grössten Theil wohl auf der Unkenntniss der Russischen Sprache. Denn die in der Russischen Publication der „Denkmäler der diplomatischen Beziehungen des alten Russlands mit den fremden Mächten“ enthaltenen Nachrichten über die Beziehungen Kaiser Friedrich’s III. und Maximilian’s I. zu den Russischen Grossfürsten Ivan III., Vasiljevič und Vasily Ivanovič aus den Jahren 1486–1505 sind es vornehmlich, welche uns als Quelle für diese Untersuchung dienten, und die, mit den übrigen bekannten Thatsachen in richtige Verbindung gebracht, uns ein abschliessendes Urtheil über Maximilian’s östliche Politik ermöglichen.




Der frühzeitige und kinderlose Tod des Königs Ladislaus von Böhmen und Ungarn, des nachgeborenen Sohnes König Albrecht’s II. und der Luxemburgischen Erbtochter Elisabeth, hatte sowohl dem Kaiser Friedrich III., dem Vetter Albrecht’s, wie auch dem König Kasimir von Polen, dem Gemahl der älteren Schwester des verstorbenen Ladislaus, eine Anwartschaft auf die Luxemburgischen Erblande, auf Böhmen und Ungarn eröffnet.

Ein lockender Gewinn bot sich damit den Häusern Habsburg und Jagiello dar; denn, wenn es einem von ihnen gelang, in gegenseitigem Wettbewerb zu seinem bisherigen Besitz noch diese beiden Reiche hinzuzufügen, so fiel ihm zweifelsohne die Vorherrschaft über den Südosten Europas zu. Es war daher trotz der nahen Beziehungen, welche die beiden Häuser verbanden,

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 260. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_260.jpg&oldid=- (Version vom 30.3.2023)