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dabei freilich völlig verborgen. Etwa nur auf dies eine Jahr scheint sich die Rückkehr zu der alten Praxis auch nicht beschränkt zu haben. Derselben Zeit ungefähr muss nämlich eine Stelle des Const. Usus angehören[1], die von dem Leiter des Seezollamts auch nur in der Einzahl spricht. Sie beschäftigt sich im allgemeinen mit dem Verfahren, das gegenüber Verbrechern wie Falschmünzern, Meineidigen, Hochverräthern einzuhalten sei und erörtert am Schluss den Fall, dass ein solcher Verbrechen schuldig Befundener zur See nach Pisa zurückkehrte. Ihm sollten, von allem anderen abgesehen, unmittelbar bei seiner Rückkehr fünf Procent des von ihm mitgeführten Gutes confiscirt werden; et hoc, so schliesst der Abschnitt, in Brevi capitanei decathie ponatur.

Die Stelle erweckt unser lebhaftes Bedauern, dass dieses Breve, diese Dienstvorschrift, die der Capitaneus zu beschwören hatte, nicht auf uns gekommen ist. Sie zeigt uns, dass die Aufsicht des Leiters oder der Leiter des Seezollamts sich auch auf die zur See einpassirenden Personen erstreckt haben muss und legt die Frage nahe, ob dem Seezollamt, wenn ihm eine derartige Confiscation oblag, nicht auch sonst eine selbständige Strafgewalt zugestanden haben mag. Nach der Analogie anderer Fälle glaube ich diese Frage bejahen zu können, namentlich Defraudanten gegenüber hatte das Seezollamt sicher Strafgewalt. Möglicher Weise aber hat seine richterliche Befugniss sich noch weiter erstreckt; auch Streitigkeiten, wie sie der Seeverkehr mit sich brachte, zwischen Schiffsvolk und Schiffsführer u. dgl. mögen der summarischen Erledigung von seiten des Seezollamts unterstanden haben. Ein positiver Beleg hierfür fehlt für Pisa allerdings; doch weise ich auf die interessanten Zeugnisse hin, die Goldschmidt für die Jurisdiction der Zollbehörden anderwärts beigebracht hat[2]. Eine derartige Gerichtsbarkeit des Seezollamts würde dann, wenn überhaupt vorhanden, auf eine sehr alte Zeit zurückgehen; sie würde auf einer Linie stehen mit der der oft citirten Westgothischen telonarii.

  1. Stat. Pis. II, 986. Sie befindet sich in dem an das Jus civile angeschobenen, vorwiegend strafrechtliche Bestimmungen enthaltenden Theile des Const. Usus, drei Seiten vor einer in das Jahr 1190 gehörenden Constitution.
  2. Universalgesch. d. Handelsrechts 1, 192 Anm. 167; dazu 105 Anm. 32.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 246. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_246.jpg&oldid=- (Version vom 29.3.2023)