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der Versetzung des Seerechts von Trani in das 11. Jahrhundert erkennen.

Vergegenwärtigt man sich jenen praktischen Zweck des uns erhaltenen Seerechts, so wird man zu der Ansicht geradezu gedrängt, dass dieser Anhang der Statuten von Fermo dem Drucke derselben von 1507 zeitlich gar nicht so ferne stehen kann; je näher das Seerecht von Trani der Zeit nach diesen Statuten steht, um so erklärlicher wird seine Reception in Fermo, um so besser musste es den Bedürfnissen, die seine Aufnahme in das Stadtrecht von Fermo veranlasst haben, entsprechen.

So habe ich denn schon früher die Vermuthung geäussert, das wahre Datum des Seerechts von Trani möge das Jahr 1453 sein[1]. Ich schloss dabei folgendermassen: Derjenige, der in Fermo das in Zahlzeichen ihm vorliegende Datum in Lateinische Worte umsetzte, glaubte zu lesen MLXIII, während er in Wahrheit die Ziffern MLDIII vor sich hatte, eine Zeichenzusammensetzung, deren Gebrauch am Anfange des 16. Jahrhunderts sich wohl erklärt. Man sieht, der Lesefehler, der hier angenommen wird, ist gar nicht erheblicher Art. Nun ist aber dem Datum auch noch die Indiction I beigefügt; und – für eine schlechte Conjectur immerhin ein merkwürdiger Zufall – das Jahr 1453 ist ein Jahr der ersten Indiction.

Zur weiteren Unterstützung meiner Vermuthung, dass das Seerecht von Trani erst in das 15. Jahrhundert gehöre, hatte ich ferner darauf hingewiesen, dass manche Rubriken desselben sich in auffallender Weise mit den Catalanischen Costumes de la mar (Consolado del mar) berührten. Zu den Stellen, die ich angeführt habe, hat Goldschmidt in dankenswerther Weise noch eine weitere hinzugefügt[2]. Meinen Ansatz des Seerechts von Trani aber betrachtet er offenbar mit einem gewissen Erstaunen als eine allzukühne Abweichung von den herkömmlichen Ansichten[3]. Besonders glaubte er geltend machen zu müssen, dass

  1. Consulat d. M. in Pisa 280.
  2. L. Goldschmidt, Lex Rhodia und Agermanament; Zeitschrift für Handelsrecht 35, 327 Anm. 129. Er vergleicht Seestatut von Trani rub. 30 mit Consulat 12–15.
  3. Ebd. „Sch., welcher das Statut gar erst in das Jahr 1453 setzt“; ebenso in seiner Besprechung meiner Schrift: Z. f. Handelsr. 35, 604; und zum drittenmal Universalgesch. 1, 178 Anm. 124.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 231. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_231.jpg&oldid=- (Version vom 29.3.2023)