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Dagegen berichtet der Biograph, dass Renata dem Reformator immer sehr zugethan gewesen sei und jetzt nach seinem Tode ihm ein dankbares Andenken bewahre, und er bezeichnet dies als eine Folge jener Begegnung. Aber widerspricht dieser Behauptung nicht das lange Schweigen Calvin’s und Renatens? Es ist wahr, dass später, aber viel später, Renata in genauere Beziehungen zu dem Genfer Seelenhirten getreten ist. Die Frage ist nur, ob Beza das Recht hat, Dinge, die durch einen weiten Zeitraum getrennt sind, so enge mit einander zu verknüpfen, den Grund der späteren Verbindung in den Besuch des Jahres 1536 zu legen.

Da uns eine unmittelbare Auskunft vorenthalten bleibt, so schlagen wir einen Umweg ein und erkundigen uns nach den Verhältnissen am Hofe zu Ferrara und nach der Lage Renata’s in dem kritischen Zeitpunkt. Die Veröffentlichungen Fontana’s gewähren uns hier die Hilfe, deren wir bedürfen.




Als acht Jahre früher die damals neunzehnjährige Prinzessin dem herzoglichen Erbsohn von Ferrara, Ercole, die Hand reichte, schrieb der junge Bräutigam an seinen Vater Alfons nach Hause: „Madama Renea ist nicht schön“[1]. Brantôme, der sie in Italien gesehen hat und ihre majestätische Haltung bewundert, macht die schonende Bemerkung, der Eindruck ihrer Erscheinung werde durch einen Fehler im Wuchs gemindert (à cause de la gasture de sa taille)[2]. Stärker drückt sich ein Zeitgenosse aus, indem er die Staatsklugkeit des Herzogs Alfons preist, der aus politischen Rücksichten, alle Welt weiss, was für eine Frau – er spricht von Lucretia Borgia – geheirathet und

  1. Ercole an seinen Vater. S. Germain 1528 Mai 23. Fontana, Renata p. 28: Ma madama Renea non e bella; pure se compensera con le altre bone condizioni.
  2. Brantôme Oeuvres, par Lalanne. VIII, 113. Elle avoit aussi le coeur fort grand et haut. Je luy ay veu en Italie et à la court garder aussi bien son rang quil estoit possible: et encor quelle aparust navoir pas lapparance exterieure tant grande, a cause de la gasture de son corps, si est ce quelle en avoit beaucoup en sa majeste, monstrant bien en sa grandeur et en son visage royal et en sa parade quelle estoit bien fille de roy et de France.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_206.jpg&oldid=- (Version vom 27.3.2023)