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Methode verlangt wurde, lässt sich wohl in zwei Punkte zusammenfassen: erstens Erziehung zu allgemeiner weltgeschichtlicher Betrachtung, zur Erfassung der wesentlichen Momente in grösseren Entwicklungen, und zweitens Gelegenheit zur Uebung in mündlicher und schriftlicher Darstellung. Die Betonung der grossen weltgeschichtlichen Gesichtspunkte, von denen man ja jetzt zum Glück wieder reden dürfe, ohne unwissenschaftlich zu erscheinen, wollten die Einen, wie Dr. Baldamus, den Collegien zuweisen, während Andere, wie Prof. Stieve, darauf auch in den Uebungen besonderen Werth legten. Prof. Brückner sah das Heil in einer Vereinigung von Colleg und Prakticum. Prof. Lamprecht glaubte den verschiedenen Aufgaben in denselben Uebungen genügen zu können, indem Einzelfragen kritisch behandelt würden, Vorträge zur Verbindung dienten, die Erörterung grösserer Gesichtspunkte sich anschlösse. Prof. Bachmann, der auch aus dem Waitz’schen Seminar berichtete, wollte ebenfalls einheitliche Uebungen, wesentlich zur Einführung in die Quellen, aber mit Annäherung an die Stieve’sche Auffassung. Zweierlei getrennte Arten von Uebungen dagegen wurden, wie gesagt, früher in München gehalten und bestehen jetzt in der Schweiz. Von den Züricher Vortragsübungen, die durch besondere Verhältnisse (durch die Theilnahme von pädagogisch geschulten Lehrern, durch die Mischung der verschiedenen Nationalitäten und durch Anwesenheit von weiblichen Studenten) begünstigt sind, entwarf Prof. Meyer v. Knonau ein anziehendes Bild. Für die Uebung in Aufsätzen und Vorträgen trat im Anschluss an Stieve besonders Prof. v. Scala ein, doch wurde die Nothwendigkeit, darin mehr als bisher zu thun, und der wachsenden Vernachlässigung des Deutschen Ausdrucks entgegenzuwirken, von den meisten Rednern erwähnt.

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Eine besondere Art von Uebungen, Besprechungen, welche an die Lectüre von wichtigen darstellenden Werken unserer Deutschen Geschichtsliteratur anknüpfen und die Studirenden zu solcher Lectüre anhalten, wurde von Prof. Kaufmann empfohlen.

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Benützung von Archiven und Handschriftensammlungen. Ueber die Verhandlungen des letzten Tages können wir uns am kürzesten fassen; denn Meinungsverschiedenheiten traten hier nur in untergeordneten Punkten hervor, und die nahezu einmüthige Meinung der Versammlung ist in den Thesen, die wir unten wiedergeben, getreu zum Ausdruck gekommen. Der Referent, Prof. Heigel, begründete dieselben in einer sehr wirkungsvollen, mit lebhaftem Beifall aufgenommenen Rede, deren Hauptgesichtspunkte sich natürlich mit den Thesen deckten, so dass wir hier auf sie nicht näher einzugehen brauchen, um so weniger, als sie in der AZtg Nr. 103–4 im Wortlaut vorliegt. Ueber die Thesen hinaus griff sie nur in einem Punkte, der die wissenschaftliche Archivbenützung ja nicht unmittelbar berührt: unter besonders lebhafter Zustimmung der Versammlung verlangte der Redner, dass auch das fiskalische Interesse gegenüber Gemeinden und Privaten kein Grund zur Verweigerung der Archivalien sein dürfe; gerade in diesem Falle müsse vielmehr unbedingte Archivfreiheit herrschen, die zu befürchtenden fiskalischen Nachtheile seien gering im Vergleich zu

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 167. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_167.jpg&oldid=- (Version vom 22.3.2023)