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allgemeine Beurtheilung des Utrechter Friedens betrifft, so hat der Verfasser es versucht, dem Standpunkt der Tory-Minister, die ihn schlossen, gerecht zu werden, aber im ganzen überwiegt bei ihm doch die ungünstige, die Whiggistische Auffassung.

L. Wiesener’s neueste Publication bringt wichtige Aufschlüsse über die Beziehungen zwischen England und Frankreich in der Zeit der Regentschaft des Herzogs von Orléans[1]. Die Darstellung beruht, wie schon auf dem Titelblatt gesagt ist, wesentlich auf Englischen handschriftlichen Quellen; in erster Linie sind natürlich die Acten des Record Office benutzt. Diese sind freilich vielfach lückenhaft; im besonderen sind die Berichte des Englischen Gesandten in Paris, Lord Stair, ganz unvollständig erhalten. Einen Ersatz dafür boten dem Verfasser die Papiere, welche sich auf Schloss Oxenfoord bei Edinburg im Besitze des heute lebenden Grafen Stair befinden[2]. Auch einzelne Stücke der Handschriften des Britischen Museums sind verwerthet; doch sind dem Verfasser dabei die in der Stowe Collection befindlichen Briefe Stair’s an Robethon, den Privatsekretär Georg’s I., entgangen, welche ihm für einzelne Partien noch Ergänzungen, vielleicht auch hier und da Berichtigungen geliefert haben würden. Es berührt uns seltsam, wenn der Verfasser für sein Französisches Publicum den erwähnten handschriftlichen Quellen gedrucktes Material[3], wie es sich in den Hardwicke Papers oder in Coxe’s Leben Walpoles findet, als gleich unbekannt an die Seite stellt. Der Verfasser nennt sein Buch den ersten Theil eines grösseren Werkes. Der vorliegende Band führt bis zum Abschlusse der Tripelallianz am 4. Januar 1717 zwischen England, Frankreich und Holland. Er behandelt zuerst die Beziehungen Georg’s I. zum Herzog von Orléans in den letzten Zeiten Ludwig’s XIV., erzählt u. a. (p. 35), wie König Georg dem Herzog seine Hülfe anbieten liess, um ihm nach dem Tode Ludwig’s die Regentschaft zu verschaffen, und wie im entscheidenden Augenblick England in der That seine Hand im Spiele gehabt zu haben scheint. Des Regenten Haltung gegenüber dem Hause Hannover ist gleichwohl im Anfang wenig entgegenkommend; zu Zeiten begünstigt er im Geheimen die Sache des Prätendenten. Er wird erst zuverlässiger, als Georg die

  1. Le Régent, l’abbé Dubois et les Anglais. D’après les sources britanniques; par Louis Wiesener. Hachette 1891. 7 Fr. 50.
  2. Auf dieselben war schon im zweiten Report der Royal Comm. on hist. Mss. verwiesen worden. p. 188 ff.
  3. Von neuerer Litteratur hätte das Buch v. O. Weber über die Quadrupel-Allianz vom Jahre 1718 (Wien 1887) nicht ganz unberücksichtigt bleiben sollen.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_144.jpg&oldid=- (Version vom 21.3.2023)