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eines umfangreichen Werkes gerechtfertigt erscheinen lässt, sind zwei bedeutsame Fragen, auf welche er Antwort geben will. Einmal gilt es ihm, die Geschichte des Kampfes zwischen Katholicismus und Protestantismus in Schottland und ganz Grossbritannien zu schreiben. Und ferner will er zeigen, wie unter Elisabeth und durch ihre Staatsmänner an die Stelle der althergebrachten Feindschaft zwischen England und dem meist mit Frankreich verbündeten Schottland die Tendenz der Verschmelzung beider Länder zu einem einzigen Staate trat. Die Bedeutung dieses Gesichtspunktes ist einleuchtend, zumal wenn man bedenkt, dass die Vereinigung der beiden Länder eine wesentliche Bedingung für die Macht des modernen Grossbritannien war. Man könnte wünschen, diese Betrachtung bis zur Thronbesteigung Jacob’s I. oder gar bis zur Aufrichtung der Realunion im Jahre 1707 fortgesetzt zu sehen. Der Verfasser bricht mit Maria’s Gefangenhaltung in England ab. Der doppelte Kampf, erklärt er, war in diesem Augenblicke entschieden, ihre Gefangenschaft und ihr tragisches Schicksal hatte auf ihn keinen Einfluss. Der erste Band gibt einen Ueberblick über die frühere Geschichte Schottlands und die Verhältnisse daselbst während der Minderjährigkeit Maria’s. Er bringt eine anmuthige Schilderung ihrer Jugend und Ehe am Französischen Hofe und schliesst mit ihrer Fahrt nach Schottland. Der zweite Band führt bis zu der verhängnissvollen Vermählung mit Darnley, der dritte und Schlussband bis zur definitiven Gefangenhaltung Maria’s in England. Ueber ihre Persönlichkeit urtheilt der Verfasser milde. Sie könne nur innerhalb ihrer Umgebung richtig gewürdigt werden und diese war die verworfene schottische Aristokratie des 16. Jahrhunderts. – Der Verfasser hat in ausgedehntem Masse das gedruckte Material herangezogen und ausserdem noch eigene handschriftliche Studien in London, Florenz und Rom angestellt, auch einige Stücke im Anhang mitgetheilt.

Mit dem Inhalte des ersten Bandes von Philippson’s Werk deckt sich theilweise eine Darstellung der Jugendgeschichte Maria Stuart’s, welche de Ruble gegeben hat[1]. Nach einer kurzen Darlegung der Verhältnisse Schottlands nach dem Tode Jacob’s V. folgt eine ausführliche und anziehende Schilderung des Lebens und der Erziehung, welche Maria Stuart, „l’enfant la mieux douée de son temps“, am Französischen Hofe in Gemeinschaft mit den Kindern Heinrich’s II. genossen hat. Auch ihre Vermählung mit dem Dauphin Franz, die kurze Zeit ihres Französischen Königthums wird geschildert.

  1. La première jeunesse de Marie Stuart par le baron Alph. de Ruble. Paris, Huard et Guillemin. 1891.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_133.jpg&oldid=- (Version vom 21.3.2023)