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übrigens kein Theologe, sondern ein jüngerer Hilfsarbeiter am Norwegischen Reichsarchive, welcher sich bereits durch einige tüchtige historische Aufsätze über die Bedeutung des hèrađ und der hèrađskirkja in den älteren Christenrechten, dann über die älteren Norwegischen Perlenfischereien bekannt gemacht hat[1].

Die Angelsächsischen sowohl als die Altnordischen Quellen hat der Verfasser fleissig und umsichtig benützt, und deren Inhalt zu einer sehr lebendig und anziehend geschriebenen Darstellung sowohl der Bekehrungsgeschichte Norwegens als der durch diese bedingten Zustände in Kirche und Staat bis gegen das Ende des 11. Jahrhunderts hin verarbeitet. Ein reichliches Material zur Vergleichung Englischer und Norwegischer kirchlicher Verhältnisse hat er zusammengetragen, manche irrthümliche Auffassungen in den bisherigen Arbeiten hat er berichtigt, auch manche neue und richtige Gedanken zu Tage gefördert, und damit den ihm zuerkannten Preis reichlich verdient.

Als ein endgültig abschliessendes wird indessen sein Werk trotz aller auf dasselbe verwendeten Mühe dennoch nicht gelten können, und zwar aus verschiedenen Gründen. Bei der Benützung der Norwegischen Provinzialrechte, deren Inhalt für seinen 5. und 6. Abschnitt, den Einfluss der Angelsächsischen Kirche auf Verfassung und Praxis der Norwegischen, die Hauptquelle bildet, ist er viel zu wenig kritisch verfahren, indem er nicht nur an der alten Legende von der schriftlichen Abfassung der Gesetze des heil. Olaf’s gläubig festhält, sondern auch in den uns erhaltenen Texten im wesentlichen noch diese Gesetze erhalten glaubt, so mannigfache Spuren späterer Ueberarbeitung diese auch nachweisbar zeigen; so kommt es z. B., dass er eine Bestimmung der FrthL. II, § 10, welche aus Erzb. Eystein’s Zeit (1160 bis 88) stammt, aus den Gesetzen K. Æthelräd’s, VIII, § 5 (978 bis 1016) ableitet und auf K. Olaf’s Gesetzgebung zurückführt. Das Isländische Kirchenrecht, welches doch mit dem Norwegischen auf’s engste verwandt ist, hat der Verfasser ferner nur in sehr ungenügendem Masse zur Vergleichung herangezogen, obwohl dasselbe vielfach zur Aufhellung des älteren Norwegischen Rechtes benützt werden kann; wenn z. B. in der Kgsbk. § 16, S. 34, unter den Thieren, welche gegessen werden dürfen, der braune Bär, der Hirsch und das Renthier erwähnt werden, welche keines der älteren Norwegischen Christenrechte nennt, so ist klar, dass die Bestimmungen dieser letzteren über die Speiseverbote unmöglich ihre ursprüngliche Fassung bewahrt haben können, da die Isländischen Vorschriften aus Norwegen stammen

  1. Historisk Tidsskrift, II. Reihe, Bd. 6 S. 337–401 und III. Reihe, Bd. 1 S. 186–237.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_101.jpg&oldid=- (Version vom 21.3.2023)