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Ebenso sicher ist bei den genauen Verwandtschaftsangaben der Vita, dass auch der Ausdruck „neptis“ hier genau zu nehmen ist und also Bruder- oder Schwestertochter bedeutet. Die Bedeutung „Enkelin“ für neptis wäre einmal ganz gegen den mittelalterlichen Sprachgebrauch und ist hier auch schon deshalb unmöglich, weil die Gemahlin von Hathumod’s Bruder doch nicht Enkelin Ludwig’s des Deutschen und Karl’s des Kahlen zugleich sein konnte, was doch, wenn man neptis als „Enkelin“ fasste, nach dem Ausdruck neptis regum der Fall sein müsste.

Danach steht es also fest, dass im Jahre 875 ein Bruder der Hathumod mit einer Bruder- oder Schwestertochter Ludwig’s des Deutschen und Karl’s des Kahlen vermählt war.

Aber welcher Bruder der Hathumod war dieser Gemahl einer dem Karolingerhause so nahe verwandten Frau?

Aus dem gleichfalls von Agius verfassten Dialogus de obitu Hathumodae abbatissae[1] lernen wir zehn Kinder Liudolf’s und der Aeda kennen: Eine Tochter und drei Söhne starben jung[2],von fünf Töchtern vermählten sich zwei, Liutgard und Enda[3], während drei, Hathumod, Gerberga und Christina[4], in den geistlichen Stand traten; auch ein Sohn, der wahrscheinlich mit Agius, dem Verfasser der Vita und des Dialogus, identisch ist, wurde Geistlicher[5]. Ausser diesen kennen wir noch die beiden weltlichen Söhne Brun und Otto, von welchen also einer der Gemahl der neptis regum gewesen sein wird, da es sehr unwahrscheinlich ist, dass Liudolf noch weitere Kinder gehabt hat.

Man hat nun bisher die Worte immer auf den älteren Bruder Brun bezogen, wie dies – ohne jeden Grund – auch noch die Monumenta Germaniae[6] thun; und doch ist dies allem Anschein nach unrichtig.

Von Brun wissen wir gar nicht, ob er vermählt war oder nicht; von Nachkommen, die er hinterlassen hätte, wissen wir ebenfalls nichts, und doch hätte sich bei der Bedeutung des Ludolfingischen Hauses sicherlich eine Nachricht von ihnen erhalten, wenn solche vorhanden gewesen wären.

  1. SS. IV, 176–189
  2. a. a. O. Vers 539 (S. 186).
  3. Vers 541 und „Vita“, SS. IV, S. 167 u. 175,14.
  4. Vers 553 (quinque sorores), 668 u. 677 (Gerberg), SS. IV, S. 172,2 (Christina).
  5. Vers 555.
  6. SS. IV, 167, Anm. 3.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_032.jpg&oldid=- (Version vom 18.3.2023)