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Um die aufgeworfene Frage erschöpfend zu behandeln, müssen wir zunächst die ältesten Belegstellen für Heinrich’s I. Karolingerabstammung nochmals auf ihren Werth hin prüfen:

1. Der noch vor dem Jahre 1000, etwa 995–998, schreibende Richer von S. Remy sagt von Karl dem Einfältigen[1]: „Et sic Rotberto Gallia Celtica collata in Saxoniam secedit; cujus urbes sedesque regias lustrans cum oppidis, nullo renitente obtinuit. Ubi etiam Heinricum regio genere inclitum ac inde oriundum, ducem omnibus praeficit.“

Diese Worte Richer’s wären ein directer Beweis für Heinrich’s I. Abstammung von den Karolingern, wenn nicht starke Gründe dafür sprächen, dass Richer hier „Heinricum“ und „Saxoniam“ statt „Giselbertum“ und „Lotharingiam“ gesetzt hat, dass er also in einer Ueberarbeitung seines Werkes, die noch in seiner eigenen Handschrift vorliegt, die ersteren beiden Namen fälschend eingeschoben hat[2]. Auf Giselbert passte der Text insofern ebenfalls, als er von einer Tochter Lothar’s I. stammte, welche Anfang 846 von dem Grafen Giselbert vom Maasgau (des Herzogs Giselbert Grossvater) ihrem Vater entführt worden war. Richer’s Worte beweisen also nichts für eine Abstammung Heinrich’s I. von den Karolingern.

2. In seiner um 1088 verfassten Schrift über die Wunder des heiligen Servatius von Mastricht[3] gibt der Franzose Jocundus auch eine sehr verworrene, wenig glaubwürdige Darstellung der Lothringischen Verhältnisse und des Uebergangs Lothringens an das Ostfränkische Reich zur Zeit Heinrich’s I. In derselben nennt Jocundus Karl den Einfältigen consequent Lothar und bezeichnet Karl-Lothar und Heinrich I. als consanguinei (a. a. O. S. 98) und cognati (S. 99), Heinrich I. als den cognatus Karl’s (S. 98), Karl als den consanguineus Heinrich’s (S. 99) und Heinrich’s Sohn Otto I. als den nepos Karl’s (S. 99). Auch auf diese Quelle ist wegen ihrer sonstigen Unzuverlässigkeit nicht viel zu geben, trotzdem Jocundus kaum 150 Jahre nach Heinrich’s I. Tode schrieb.

3. Der um 1100 lebende Ekkehard von Aura berichtet in der letzten, nach 1100 verfassten Bearbeitung seiner Weltchronik[4]:

  1. SS. III, 573
  2. Vgl. Waitz, a. a. O. S. 26.
  3. SS. XII, 98–99.
  4. SS. VI, 175.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_029.jpg&oldid=- (Version vom 18.3.2023)