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Sicilianischen[1], Finnischen[2], Ungarischen[3], Böhmischen[4], Kroatischen[5], Serbischen[6], Polnischen[7], Russischen[8] und Albanesischen[9] Märchen, und noch heutigen Tages ist sie vielfach im Munde der Leute. Die Sagen dieser Gruppe kann man bezeichnen als die Sage oder das Märchen von dem neugeborenen Knaben, von dem in den Sternen steht oder sonst prophezeit ist, dass er dereinst der Schwiegersohn und Erbe eines gewissen Herrschers oder Reichen werden soll, und der dies schliesslich auch trotz allen Verfolgungen jenes Herrschers oder Reichen wird[10].

Den bisherigen Sagengruppen über die Jugend Constantin’s reiht sich noch eine Serbische Sage an[11]. Nach derselben ist Constantinopel nicht von Menschenhand gebaut, sondern von selbst entstanden. Ein Kaiser stiess auf der Jagd auf einen Todtenkopf und trat auf ihn mit seinem Pferde. Da sprach der Kopf: Warum zertrittst du mich, da ich auch todt noch schaden kann? Der Kaiser stieg vom Pferde und nahm den Kopf mit heim, verbrannte ihn und zerstiess seine Ueberbleibsel zu Pulver, das er in Papier wickelte und in eine Kiste legte. Darauf verreiste er. Seine erwachsene Tochter nahm die Schlüssel, öffnete die Kiste, stiess auf das Papier, benetzte ihren Finger mit der Zunge, tauchte ein, leckte und legte das Papier wohlverwickelt wieder in die Kiste. Da ward sie schwanger und der König erkannte, dass der Kopf Schuld sei: Sie gebar als Mädchen einen Knaben. Einst nun nahm der Kaiser das kleine Kind auf seine Hände; da griff es nach seinem Barte. Der Kaiser wollte wissen, ob es dies absichtlich oder aus Unwissenheit gethan, und liess ein Becken mit glühenden Kohlen oder Gluth, ein anderes mit

    Gamte danske Minder I, Nr. 215; 214.

  1. Pitrè, Fiabe, novelle, racconti ed altre tradizioni popolari siciliane vol. II, Nr. c: Lu mircanti „smailitu“ Giumentiu.
  2. Ermann’, Archiv f. d. wissensch. Kunde Russlands XVI, 236 ff.
  3. Stier, Ungarische Volksmärchen Nr. 17: „Des armen Mannes Sohn und die Kaufmannstochter“.
  4. Waldau, Böhm. Märchen II, 587.
  5. Valjavec, Narodne pripovjedke U Varazdinu. 1858. I, p. 157 ff.
  6. Archiv f. Slawische Philologie I, 2; Aus dem Südslawischen Märchenschatz, S. 288, Nr. 14.
  7. Glinski in Bajarz polski t. III, S. 193 ff.
  8. Afanasjef, Russ. Volkserzhlgn. III, Nr. 173 a und b; IV, S. 426 ff.
  9. Hahn, Griechische und Albanesische Märchen I, Nr. 20.
  10. Vgl. Wesselofsky, a. a. O. S. 192 ff. und Reinh. Köhler a. a. O. S. 181.
  11. Wesselofsky a. a. O. 177.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_026.jpg&oldid=- (Version vom 18.3.2023)