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Die vereinigte Wiedererkennungs- und Piratengeschichte begegnet uns unter Anderem im Dittamondo des Fazio degli Uberti[1]. Seiner Kürze wegen setze ich das ganze Gedicht in wörtlicher Uebersetzung her: Clelio der König war der Vater der Helena. Das Mädchen kam krank nach Rom, ergeben Christo. Frei und gesund wurde sie wieder. Daher verliebte sich dann um ihrer Schönheit willen Constantius in sie und hatte sie mehrere Tage bei sich. Einen goldenen Ring gab er ihr in seiner Wohnung. Denn mehr wollte sie nicht; und sie gebar hernach einen Knaben, welcher dem Vater ähnlich und sehr schön war. Als dieser dreizehn Jahr alt war, wurde er auf dem Meer zu einem König geführt, der damals unter dem Griechischen Volke herrschte. Ein so grosses Zutrauen ward den Kaufleuten geschenkt, dass der König ihm seine Tochter zur Frau gab. Aber hier sage ich nicht die Art noch die Ursache. Zurückkehrend endlich beraubten sie ihn aller Sachen und liessen sie allein, wie es Gott gefiel. Es blieb ihnen das reiche Kleid, das verborgene. Es kehrte zurück zu mir Constantius, mein Herr. Seine Gemahlin Helena wurde Kaiserin, nachdem sie die Wahrheit mit dem Ring aufgedeckt hatte.

Die Zusammenhangslosigkeit dieses Gedichtes, die sich gegen Ende desselben bis zur Unverständlichkeit steigert, und das Nichterwähnen vieler Umstände von Seiten des Fazio mag uns ein Beweis sein, dass zu seiner Zeit die Erzählung selbst schon hinreichend bekannt war, und dass der Dichter die Zuversicht haben konnte, von den Lesern des Dittamondo verstanden zu werden, auch wenn er der Thatsachen in unvollständiger Weise gedachte.

Von den im einzelnen von einander abweichenden Lateinischen Erzählungen[2], welche die Wiedererkennungs- und Piratengeschichte von Constantin und Helena in sich vereinigen, ist

  1. Coen, Di una leggenda S. 48 ff.
  2. Johannes Veronensis, Historia imperialis, erhalten in der Capitularbibliothek zu Verona, Handschrift Nr. CCIV, deren Kenntniss ich dem liebenswürdigen Entgegenkommen des Herrn Oberbibliothekars Giambattista Carlo Giuliavi zu Verona verdanke (vgl. meine Abhandlung im Archiv f. Lit.-G. X, 344 ff. und Coen, Di una leggenda S. 30 ff.); ferner Petrus de Natalibus im Catalogus Sanctorum. Buch VII, Cap. 73; Jacobus Aquensis in Mon. Hist. Patr. Script. III, Sp. 1390 ff.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_020.jpg&oldid=- (Version vom 18.3.2023)