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er hegte den unpatriotischen Hintergedanken, die Entscheidung zwischen den nothwendig bald Entzweiten sich vorzubehalten; zu letzterer Erklärung würde dann die Erhebung des scheinbar unreifen Edward IV. stimmen.] Bis 1468 blieb W. ein treuer Yorkist; sein Erfolg deckte sich mit Englands Wohl; den Plan, Clarence zum König zu machen, schob Edward März 1470 Warwick nur unter, um beide zu vernichten; erst in den letzten drei Jahren sank W. zum rein selbstsüchtigen verrätherischen Feudalhäuptling. Bis dahin war er eher weniger blutig und treubrüchig als seine Umgebung. Freilich richtete er die zum König Uebergelaufenen and (aus Privatrache) Kriegsgefangene kriegsrechtlich hin; ähnliches thaten jedoch die Gegner auch. [Nur formell bleibt W.’s Unrecht grösser, weil man rechtlich beim persönlichen Vertrage zwischen Unterthanen die Treue gegen den König vorbehielt. Die Sachlage zwang aber, Hammer oder Amboss zu sein und die Lancastrier bloss als Partei zu behandeln.] In York’s Sache lag Englands Heil. Diese Ansicht verleitet den Verf. jedoch nicht, seinen Helden zu beschönigen. [Aber es macht ihn wohl ungerecht gegen Margarete, die mit Fremden verhandelte gegen innere Feinde, wie ihre Gegner, und nur darin unpatriotischer verfuhr, dass sie Schottland und Frankreich Engl. Land anbot; allein sie war eine Fremde und kämpfte verzweifelt um ihr gutes klares Recht. Dass ihr Gegner, dessen auswärtige Siege doch England wenig halfen, diesen Weg nicht ging, lag vielleicht nicht an seinem Willen. Uebrigens erscheint bei des Verfs. Ansicht von Margareten Warwick’s Pact mit ihr unter Vermittlung von England’s Erzfeind nur noch verdammenswerther.] Zu Warwick’s Bruch mit Edward reizte des Königs Undankbarkeit; Edward’s Attentat auf eine Nevill gehört in die Sage. [Ein Hausmeierthum unter einem fähigen kräftigen König war auch an sich undenkbar.] Der dunkle Hintergrund des 15. Jhs., von dem Warwick’s Charakter kaum an Schwärze absticht, empfängt vom Verf. nur die gewohnte Erklärung durch den Französ. Krieg. [Heinrich’s VI. Unfähigkeit betont er nicht genügend als eine der Ursachen der polit. Zuchtlosigkeit; vielleicht blendet den Betrachter die private Tugend des Königs. Aber gewiss hätte ein kräftiger Regent die junge Giftpflanze der Liveries entwurzeln können. Das polit. Elend ganzer Zeitalter privater Unmoral zuzuschieben erweckt Bedenken: auch die gerühmten Barone des 13. Jhs. wechselten Fahne und Unterthanenschaft (die neueste Meisterleistung *Round’s, Geoffrey de Mandeville, zeigt dafür ein Beispiel schon von 1141), riefen Fremde ins Land und wollten den Französ. Krieg ohne dessen Kosten.] Mit Recht wälzt Verf. die Schuld feiger Ueberläuferei vom hohen Adel z. Th. auf Klerus und Bürger ab; in kleiner Selbstsucht, apathisch für grosse Fragen öffnete jede Stadt dem augenblicklich Mächtigen die Thore. – Als Heerführer war W. kein erfinderischer Genius, aber in der Bahn älterer Strategie, mit Ausnahme seines Schülers Edward IV., Englands geschicktester General und auch als Admiral, freilich dem Seeräuberthum nahe, ausgezeichnet. Romant. Züge, wie die Tödtung des Rosses zu Towton, damit Flucht unmöglich sei, sind nur sagenhaft. Seine Erfolge verdankte er ebenso sehr vorbereitender Organisation wie der Tüchtigkeit beim Schlagen selbst. Auf militär. Gebiete liegen des (als Kriegshistoriker berühmten)

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 468. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_481.jpg&oldid=- (Version vom 16.3.2023)