Seite:De DZfG 1892 08 405.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

In der Gilde besass der Arme seine Versicherung gegen Unglück; so gab es im 15. Jh. noch keinen Pauperismus oder Arbeitsmangel. Auch die Primogenitur-Erbfolge in Land äusserte ihre üblen Folgen noch wenig, denn das Mobiliar blieb immer theilbar, und das Verbot der Subinfeudation bewirkte Landverkäufe, bei denen der jüngere Sohn Landeigenthümer werden konnte; auch fand dieser im langen Französ. Krieg Beschäftigung. Erst nach dessen Ende wurde er zum abenteuernden Soldaten, dem die Rosenkriege willkommen waren. Das Villenagium wich seit 1400 dem Copyhold; diese Art des Landbesitzes gelangte in höhere Classen und bei der allgemeinen Landnoth sogar zum Ritter und Adel. [Unrichtig ist, dass man durch diesen Erwerb nach Common law (nominell) Leibeigener wurde.]

Den grossen Krisen, den Hungersnöthen 1315/21, dem Schwarzen Tod, dem Bauernaufstand liest Verf. mit tiefem Blick die Folgen ab, weit über die Wirtschaft hinaus. Das Wirken Wiclifs, dem Englands Abneigung gegen den Avignoner Papst vorarbeitete, lässt sich noch in dem stillen inneren Fortschritt Norfolks im 15. Jh., wo Weber und Ketzer synonym blieb, erkennen: Nur der religiöse Agitator hat Erfolg, der auch materiell zu bessern, social zu befreien verheisst, und zwar ohne Antheil der Obrigkeit, der zweitens in eine Periode einigen weit verbreiteten Wohlstands (hohen Lohns und billigen Lebens) tritt, weil ganz Brotlose der Macht zur Organisation entbehren. Dagegen zürnt Verf. Pecock’s quietistischer Indifferenz. Auch manches scheinbar fern Liegende empfängt hier durch die ökonom. Beleuchtung klareres Licht: Matthäus Paris war einer der wenigen Chronisten, der gesellschaftliche Erscheinungen zu erklären verstand. Von der langen Alleinherrschaft des Landbaues, der bei Diebstahl nicht bestehen konnte, stammt Englands Hochachtung vor dem strengen Eigenthumsbegriff. – In stolzer Bescheidenheit darf der Verf. der Nachwelt zurufen, dass seine statistischen Ergebnisse bestehen bleiben, auch wenn sie anderen Augen vielleicht anderes Licht bieten werden als seinen. [Er erklärt das Gleichbleiben der Preise im 15. Jh. bei Münzerleichterung durch die irrige Annahme, man habe nach Gewicht gezahlt; darüber s. DZG IV, 173.]

0J. E. T. Rogers, The industrial and commercial hist. of England, lectures – – – of Oxford, ed. by his son A. E. L. Rogers. ’92. Laut Ac. 16I92, 57 (wo R.’s Lebensbild kräftig skizzirt wird) ragen diese Vorträge mehr methodologisch als durch neue Thatsachen oder Theorien hervor. Im ersten behandelt Verf. das Zurückbleiben des Engl. Gewerbes bis nach 1350 (es bezog Eisen aus Nordspanien und Schweden, Salz aus Frankreich), fernerhin u. a. das Wachsen der Bevölkerung, der Credit- und Beförderungsmittel, die Genossenschaft in Arbeit und Kapital, die Theorie von der Rente. – 0Ders., Work and wages; being a popular edition abridged of „Six cent. of work and w.“ [s. DZG IV, 172]. ’90. 206 p. – C. J. Ribton-Turner, A hist. of vagrants and vagrancy and beggars and begging (’87). Der weitaus meiste Raum ist der Neuzeit und dem nicht-Brit. Europa gewidmet. Verf. verräth weite Theilnahme des Volkswirths und Sittenhistorikers und behandelt auch die Land-, Herren- und Friedlosen, Sklaven, Kaufleute, Räuber, fremde Plünderer und mancherlei Verbrecher ausser dem Hauptthema. Er sammelt fleissigst und ordnet den Stoff in dankenswerther Uebersicht,

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 392. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_405.jpg&oldid=- (Version vom 11.3.2023)