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mit Mittheilungen über angebliche „archivalische Funde“ getrieben wird, und zwar öfter nicht ohne Schuld der betheiligten Archivare oder Bibliothekare, denen als Fachleuten die Verpflichtung grösserer Vorsicht obläge. Jene Notiz im Athenaeum behauptete, dass im Zerbster Stadtarchiv werthvolle Briefe von Luther u. Melanchthon gefunden seien. Ein Versuch, diese Nachricht, die übrigens auch die Runde durch unsere Tagespresse machte, zu controlliren, hat ergeben, dass Zerbster und Dessauer Localblätter nicht nur die Mittheilung gebracht haben, dass diese Briefe von „unvergleichlich hohem Werth“ durch den städtischen Archivar Dr. A. Henning aufgefunden seien, sondern dass dort auch ein Abdruck derselben erfolgt ist. In Wirklichkeit aber handelt es sich, wie Erkundigungen bei einem unterrichteten Fachmann ergaben, um Briefe, die man schon seit 1835 (durch H. Linder in den Theol. Studien u. Kritiken) kennt, und die ohne Ausnahme schon einmal oder mehrere male gedruckt worden sind.

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Im Juni 1891 wurde, wie schon in Archv. Z. 3, 303 f. mitgetheilt ist, zu Haarlem eine Vereeniging van Archivarissen in Nederland gegründet. Ihren Zweck, die Förderung des Niederländischen Archivwesens, trachtet sie zu erreichen durch Vorbereitung einer gesetzlichen Regelung desselben, durch Abhaltung jährlicher Vereinstage und die Herausgabe einer Zeitschrift nach dem Muster des 1878–80 von Burkhardt herausgegebenen Correspondenzblattes der Dt. Archive. Diese Z. führt den Titel Nederlandsch Archievenblad und erscheint in zwangloser Folge unter der Redaction von S. Gratama, Reichsarchivar der Prov. Drenthe, in Assen; bis jetzt liegen 4 Nrr. (60 p.) vor. Der V. besteht aus 42 ord. u. 2 ao. Mitgliedern; Amtsgenossen im Auslande können zu correspondirenden gewählt werden. Der oben genannte Redacteur des Archievenblad ist zugleich V.-Secretär.

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Etwa 40 Bände Archivalien u. Collectaneen, welche aus dem Nachlasse des Minutio Minucci stammen, sind durch das kgl. Preuss. Histor. Institut in Rom erworben worden. Minucci (1551–1604) hat im letzten Viertel des 16. Jahrh. in den Deutschen Dingen eine bedeutende Rolle gespielt; er war wiederholt als Vertreter der Curie in Deutschland, stand in nahen Beziehungen zum Baier. Hof, insbes. zu Herzog Ernst, dem Kölner Erzbischof, und verwaltete einige Jahre in Rom das Staatssecretariat für Deutsche Angelegenheiten. Die jetzt vom Institut erworbenen Bände enthalten neben Correspondenzen, Relationen und tagebuchartigen Aufzeichnungen des Minucci selbst (von 1576–1604) und seinen (von Hansen, Kampf um Köln p. 742 aufgeführten) theolog., histor. u. geogr. Tractaten auch werthvolle Sammlungen zur Dt. u. Europ. G. des 16. u. 17. Jhs., die nur z. Th. von ihm selbst zusammengebracht sein dürften.

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Das Vaticanische Archiv hat in diesem Herbst einen sehr bedeutenden Zuwachs erhalten, indem ihm das bisher im Vatican separat aufgestellte Supplikenarchiv und das Bullenarchiv der Datarie aus dem Lateran einverleibt wurden. Das erstere beginnt mit Martin V. und erstreckt sich bis in das 19. Jh., im ganzen etwa 7500 Bände umfassend, das andere, etwa 2200 Bände stark, reicht bis in die Mitte des 14. Jhs.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 347. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_360.jpg&oldid=- (Version vom 2.3.2023)