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Ueber das Verhältniss, in welchem das Papstthum seit Beendigung des Laurentianischen Schismas, welchem Verfasser schon vorher näher getreten war, zu Byzanz stand, handelt mit umfassender Quellenkenntniss vom streng Römisch-katholischen Standpunkte aus Schnürer, ohne auf die sonstigen religiösen Wirren in entfernteren Theilen des Byzantinischen Reiches zu den Zeiten des Kaisers Anastasios einzugehen; er betont vor allem den Zusammenhang des Vitalianischen bezw. des Gastraaufstandes mit den kirchlichen Streitfragen und stimmt darin, ohne von ihm Kenntniss zu haben, mit Bury überein (vgl. weiter unten). Dass seine Darstellung eine einseitige ist, braucht nicht erst betont zu werden; sie collidirt desshalb vielfach mit einer ein Jahr vorher erschienenen, ihm wohl nicht bekannt gewordenen Schrift Rose’s über dasselbe Thema. Rose gebietet allerdings über nicht so viel Quellenrüstzeug wie Schnürer, so sind ihm z. B. die neueren Editionen der Papstbriefe unbekannt geblieben und desshalb ist der Streit des Kaisers mit den Päpsten Symmachus und Hormisdas weniger ausführlich erörtert worden, als die sonstigen das Reich durchwühlenden kirchlichen Wirren; dafür aber ist seine Darstellung frei von voreingenommenen confessionellen Gesichtspunkten[1].

Je weniger wir Arbeiten über die Verfassung und Verwaltung des Byzantinischen Reiches besitzen, um so freudiger muss man jede neue auf diesem Gebiete begrüssen. Die Dissertation Lécrivain’s[2] über den Römischen Senat enthält in ihrem 3. Abschnitt auch eine längere Geschichte des Senats von Constantinopel und zwar 1. eine Vorgeschichte desselben bis auf Justinian, 2. die Reformirung desselben durch Justinian. Nur auf solchem, methodisch von Zeitraum zu Zeitraum vorschreitenden Wege wird man zu einer Verfassungsgeschichte von Byzanz gelangen, die für die politische Geschichte von massgebender Bedeutung werden muss; – ich betone dies besonders in Bezug auf eine vor einigen Jahren erschienene Arbeit Ellissen’s: Der Senat im Oströmischen Reiche, da der Verfasser eklektisch, bald hier bald da eine Notiz aus den verschiedenen Jahrhunderten benutzend, ein häufig verschobenes Bild dieser Institution construirt hat. – Mit souverainer Beherrschung des Stoffs hat einen

  1. Schnürer s. Bibliogr. ’89, 210 u. 2796. – A. Rose: Die Byzant. Kirchenpolitik unter Anastasios I. Progr. Wehlau, 1888. Vgl. dazu desselben Verf.: Die äussere Politik des K. Anastasios I. Halle, 1882. 68 S. u. ausserdem Gaudenzi, Sui rapporti tra l’Italia e l’Impero d’Oriente 476–554. Bologna, 1888.
  2. Le sénat romain depuis Diocletien à Rome et à Constantinople. Paris, 1889.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_325.jpg&oldid=- (Version vom 7.3.2023)