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sehen muss, dass über seinen Kopf hinaus die Friedensverhandlungen zwischen den Gegnern angeknüpft werden und endlich ein Resultat ergeben, das den Kaiser in Italien weit stärker lässt, als es Englischer Politik erwünscht war.

Doch zurück zum Jahre 1713. Wie sehr wider Erwarten, wie sehr unerwünscht dem Französischen Könige die Fortdauer des Kriegs kam, zeigt die rasche Minderung seiner Ansprüche, der stete Versuch, eine neue Anknüpfung mit dem Kaiser zu Stande zu bringen. Schon Mitte April zeigte der Englische Grossschatzmeister dem kaiserlichen Residenten Hoffmann ein Schreiben Torcy’s an den Englischen Gesandten in Paris, Shrewsbury, des Inhalts, dass die Italienischen Angelegenheiten den Frieden nicht aufhalten würden, wenn der Kaiser sich mit den dortigen Fürsten selbst einigen könnte[1]. Der Termin des 1. Juni, bis zu welchem Ludwig XIV. sich nur an seine Bedingungen gebunden halten wollte, ging vorüber und jener, anstatt schärfere Forderungen aufzustellen, milderte sie im Gegentheile beträchtlich. Der Graf von Sinzendorf war unmittelbar nach Empfang des kaiserlichen Ultimatums aus Holland abgereist, sein College, der Freiherr Achaz von Kirchner, blieb noch einige Zeit dort zurück. Bei seiner endlichen Abreise wurde er zum Träger neuer Französischer Vorschläge gemacht. Die Entschädigungsfrage der beiden Wittelsbacher Kurfürsten ist da bereits fallen gelassen; nur die vollständige Restitution des Baiern – also einschliesslich der Oberpfalz – wird verlangt; wollte der Kaiser diesem auch noch

  1. Hoffmann’s Bericht vom 25. Apr. 1713, W. S. A.; Bolingbroke, Corresp. II, 368; Shrewsbury an Bolingbroke, ebda. 432, bezeugt, dass der Französische Hof äusserst ungern, nur als Ehrensache, den Krieg führe. – Es mag hier im Zusammenhange angeführt werden, was unter den „Italienischen Angelegenheiten“ gelegentlich dieses Friedensschlusses zu verstehen ist. Der Papst verlangt die Rückgabe von Comacchio; der Grossherzog von Toscana will, wenn möglich, die stati de presidii annectiren und Siena vom kaiserlichen Lehnsverbande befreien, die weibliche Erbfolge in seinen Staaten fortsetzen (damit wäre die Erbfolge an Kurpfalz übergegangen). Parma will Castro und Ronciglione erhalten und fordert vollständige Souverainetät über die Insel Ponza. Der Herzog von Modena will das dem Kaiser von ihm abgekaufte Mirandola behalten. Vincenzo Gonzaga, Herzog von Guastalla, fordert den Heimfall von Mantua sammt Gebiet. Die Herzoge von Castiglione und Mirandola fordern Rückgabe ihrer confiscirten Besitzungen. Carutti, Storia della Diplomazia della Corte di Savoia, Bd. III, 405/7.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 267. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_280.jpg&oldid=- (Version vom 8.3.2023)