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Der Binger Kurverein 1424.
Von
Otto Heuer.


Das Bündniss, welches im Jahre 1424 zwischen den sechs Kurfürsten von Mainz, Köln, Trier, Pfalz, Sachsen und Brandenburg geschlossen wurde (die siebente Kur, Böhmen, war in den Händen König Sigmund’s) ist durch eine vom 17. Januar aus Bingen datirte Urkunde längst bekannt und hat, seit der 1. Band von Droysen’s Geschichte der Preussischen Politik erschien, für einen wichtigen Wendepunkt in der Entwicklung der Reichsverhältnisse im 15. Jahrhundert gegolten.

Durch den von Kerler bearbeiteten 8. Band der „Deutschen Reichstagsacten“ ist nun aber vor einigen Jahren eine zweite Urkunde ans Licht gekommen, ein Bündniss derselben sechs Kurfürsten, vom gleichen Tage, ebenfalls aus Bingen datirt, nahe verwandten, zum Theil wörtlich übereinstimmenden und doch in manchen Punkten stark abweichenden Inhalts. Da beide Documente, sowohl die neu aufgefundene Urkunde A (Reichstagsacten Nr. 294) als auch der altbekannte Text B (RTA Nr. 295) in richtig ausgefertigten Originalen vorliegen, steht die Forschung vor einem Räthsel, dessen Lösung versucht, aber noch nicht gelungen ist.

Die Erklärungsversuche zerfallen in zwei Gruppen. Entweder nahm man an, die eine Ausfertigung A sei zur Geheimhaltung, die andere B für die Oeffentlichkeit bestimmt gewesen, oder man suchte den Widerspruch dadurch zu erklären, dass die Aussteller gleich nach der Besiegelung von A ihren Sinn geändert und die neue Fassung B an die Stelle der ersten, nun kassirten, gesetzt hätten. Da keine dieser beiden Deutungen recht einleuchtend

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_207.jpg&oldid=- (Version vom 7.3.2023)