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Von dem Urkundenbuch der Stadt Worms, das auf Veranlassung und mit Unterstützung des Freihern C. W. Heyl zu Herrnsheim von H. Boos herausgegeben wird, liegen zwei Bände vor (erschienen 1886 und 1890), von welchen der letztere uns hier beschäftigen soll[1]. Die Jahre 1301–1400 behandelnd, mit umfangreichen Nachträgen und Berichtigungen, namentlich zum ersten Bande, bringt er über 1200 Urkunden, von denen etwa die Hälfte bisher gar nicht oder doch nur in ganz ungenügender Weise bekannt war. Bei der Fülle des Stoffes hat sich der Herausgeber veranlasst gesehen, unter den Urkunden privatrechtlicher Natur eine Auswahl zu treffen, wobei er sich in erster Linie von der Bequemlichkeit der Benutzung (dem Ort der Aufbewahrung) leiten liess, und von allen minder erheblichen Stücken (der grossen Mehrzahl des Bandes) bloss Auszüge zu geben, die unter Ausscheidung alles Formelhaften den urkundlichen Ausdruck festhalten, also gewissermassen das Gerippe des vollen Textes darstellen. Doch nur im Hinblick auf die privatrechtlichen Urkunden kann von Fülle des Stoffes die Rede sein. Ueberblickt man das Gebotene nach der Seite der verwaltungs- und verfassungsgeschichtlichen Momente, so wird man nicht verkennen, dass die Archive der Stadt und der weltlichen Corporationen schwere Verluste erlitten haben müssen; über die innere Regierung und die Zünfte war nur wenig beizubringen. Darum wird man aber das Erhaltene, das der fleissige Bearbeiter gesammelt hat, nicht gering achten; es sind recht werthvolle Stücke darunter, von denen man mit Interesse Kenntniss nehmen wird.

Während die Auszüge ohne Ueberschriften sind, werden die vollständig zum Abdruck gebrachten Stücke durch kurze Inhaltsangaben eingeleitet, die nicht immer das Wesentliche der Urkunde richtig herausgreifen, bisweilen sogar geradezu irre führen. Ein paar Beispiele: Nr. 242 trägt folgende Ueberschrift: „Kämmerer, Richter und Rath der Stadt Mainz zeigen dem Rath der Stadt Worms an, dass Bischof Salmann von Worms sich in Mainz habe niederlassen wollen“. Um zu zeigen, wie gänzlich falsch und verkehrt dieses nur aus den sechs ersten Zeilen des Briefes geschöpfte und auch diesen nicht entsprechende Regest ist, will ich den Inhalt kurz vorführen: Die Mainzer benachrichtigen die Stadt Worms, Schenk Konrad von Erbach habe ihnen geschrieben, dass Bischof Salmann sich, wie er vernommen, bei ihnen niederlassen wolle, und habe dagegen Einsprache erhoben, weil Salmann ihm seinen Bruder ermordet hätte. Sie hätten auf Andringen der Mainzer Verwandtschaft Salmanns (er stammte aus dem Mainzer

  1. Vgl. Bibliogr. ’90, 2430. ’91, 3805.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_155.jpg&oldid=- (Version vom 28.2.2023)