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aufgeschoben in diesem Falle wenigstens keineswegs auch aufgehoben bedeutete, das bewies der am 3. September im Beisein und mit Zustimmung Katharina’s gefasste Beschluss des Petersburger Senats, „unter den gegenwärtigen Umständen, da die Revolution in Schweden bereits definitiv vollzogen sei und die Russischen Heere an entfernten Orten beschäftigt seien“, also nur vorläufig auf möglichst auffällige Truppendemonstrationen an der Finländischen Grenze und auf Ausrüstung einiger Kriegsschiffe sich zu beschränken[1]; das bewies noch deutlicher eine gleichzeitige Aeusserung Panin’s zu dem Grafen Solms, Preussen und Russland müssten, da „ein totaler Umsturz“ der von ihnen feierlich garantirten Schwedischen Regierungsform eingetreten sei, auf Grund ihrer Allianz von 1769 nunmehr in treuer Gemeinschaft die zur Erhaltung der „Ruhe im Norden“, sowie zur Bewahrung „ihres auf diesem Princip basirten Systems“ am besten geeigneten „Massregeln“ treffen[2].

Wenn Panin in jener Unterredung im Namen seiner Monarchin auch die Bitte aussprach, der Preussische König möge sich zu einer Ermahnung an seinen Neffen verstehen, damit derselbe nichts unternähme, „was zur Störung der Ruhe und des Friedens im Norden beitragen könnte“, so hätte es einer solchen Aufforderung überhaupt nicht erst bedurft, da Friedrich inzwischen den Russischen Wünschen bereits zuvorgekommen war; nicht etwa aus persönlichem Wohlwollen für den Herrscher Schwedens[3], sondern weil es die Rücksicht auf das Wohl des eigenen Landes gebieterisch so erheischte. Lag es doch vor allem im Interesse des Preussischen Staates, sich von der lästigen Verpflichtung befreit zu sehen, das Vorhandensein des in dem Bündniss von 1769 vorgesehenen casus foederis anerkennen und

  1. Ueber den hochinteressanten Verlauf der Petersburger Reichsrathssitzungen vom 27. August u. 3. September vgl. Solovjev XXVIII, 387 f.
  2. Solms an Friedrich, 4. September. Hjelt [Beilagen] S. 28 f.
  3. Ein derartiges Motiv war ihm durchaus fremd. Die Worte in seinen Memoiren (Oeuvres VI, 49) und an seinen Bruder Heinrich (5. September, Oeuvres XXVI, 360) beweisen ebenso wenig, wie seine scheinbare Theilnahme an dem Geschick der Schwedischen Königsfamilie in zahlreichen Briefen an seine Schwester Ulrike (Fersen III, passim). Ungleich wichtiger ist sein späteres Verhalten gegen Gustav, welches deutlich genug erweist, dass er demselben den Skandal („esclandre“) vom 19. August niemals verziehen hat.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_121.jpg&oldid=- (Version vom 12.9.2022)