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noch auf andere Weise „liirt“ habe, noch auch einen Umsturz der bestehenden Landesgesetze oder eine Wiederherstellung der Souveränität erstrebe, sondern einzig solche „Modificationen“ herbeizuführen beabsichtige, „die, ohne das Wesen (l’essentiel) der Verfassung zu alteriren, dazu dienen könnten, ihm wieder den Besitz der ihm zustehenden Vorrechte zu verschaffen“. Diese „Moderation“ Gustav’s machte auf den Preussischen Monarchen den günstigsten Eindruck, und er versprach seinem Neffen, einer geringfügigen Verfassungsänderung, wie z. B. einer Abschaffung der Reichstagsbeschlüsse von 1756, sich nicht widersetzen, sondern seinen Stockholmer Vertreter unverzüglich anweisen zu wollen, derselbe möge sich reservirt und ablehnend gegen alle Insinuationen Osterman’s verhalten, der „vielleicht die Sturmglocke läuten“ und jene Modificationen „als den ersten Schritt (acheminement) zur Souveränität ansehen“ werde. Die letztere Bemerkung führte zu einem eingehenden Gedankenaustausch über die Schwedisch-Russischen Beziehungen und endigte zu beiderseitiger Zufriedenheit, da Gustav seinen festen Entschluss bekundete, „mit seinen Nachbarn nach Möglichkeit gute Freundschaft zu pflegen“, und das Anerbieten seines Oheims, sich bei der Kaiserin Katharina für ihn verwenden zu wollen, dankbar annahm. Ein nicht minder günstiges Ergebniss erzielte schliesslich eine längere Erörterung über die Schwedischen Parteiverhältnisse. Denn der Schwedische König ergriff den von seinem Oheim im Verlaufe des Gespräches flüchtig hingeworfenen Gedanken einer „Composition“ zwischen Hüten und Mützen mit lebhaftem Eifer und entwickelte sofort die Umrisse eines diesbezüglichen Operationsplans, der in allen seinen Theilen den uneingeschränkten Beifall des Preussischen Herrschers fand[1].

  1. Der Inhalt jener Unterredungen ergibt sich indirect aus den Briefen Friedrich’s an Ulrike, 5. April (Fersen III, 399); an Gustav, 28. Juni (Oeuvres XXVII, 2; S. 76); an Behnisch, 23. u. 30. April; der Preussischen Ministerialnote an Behnisch, 30. April; der Supplementinstruction für Dönhoff. 1. Mai; den Briefconcepten Gustav’s an Friedrich, 8. Juni 1771 u. 20. März 1772 (Upsala Bibl.). – Odhner, Sveriges politiska historia under K. Gustaf III’s regering I, 12 (Stockh., 1885) berichtet, die Compositionsfrage sei zuerst von Gustav zur Sprache gebracht worden. Dem widersprechen jedoch die eigenen Worte des Königs an Friedrich, 20. März 1772: „Cette idée que V. M. Elle-même m’avait donnée dans une conversation que j’eus avec Elle à Potsdam“.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_114.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)