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hinsichtlich eines Schwedischen Verfassungsumsturzes zu neuem Leben zu erwecken und Scenen heraufzubeschwören, welche leicht eine Anwendung des Preussisch-Russischen Allianzvertrages vom 12. October 1769, d. h. eine bewaffnete Diversion Preussens in Schwedisch-Pommern herbeiführen konnten. Um so weniger war er natürlich gewillt, die Hände müssig in den Schooss zu legen. Vielmehr brachte er einen von ihm schon vor längerer Zeit ersonnenen Plan zur Ausführung, indem er (August 1770) seinen Bruder Heinrich in einer hochpolitischen Mission nach Schweden entsandte, um durch dessen Vermittlung den Boden für eine Versöhnung zwischen seiner Schwester Ulrike und der Kaiserin Katharina zu ebnen und durch den Hinweis auf das vor kurzem abgeschlossene Preussisch-Russische Bündniss, welches jeden Versuch zur Erweiterung der königlichen Machtbefugnisse in Schweden von vornherein als aussichtslos erscheinen lasse, den Stockholmer Hof zur Nachgiebigkeit gegen Russland, sowie zur Aufgabe der Französischen Sympathien zu bestimmen[1]. Bei der Schwedischen Königin scheinen die „Insinuationen“ des Prinzen nicht ohne jeden Erfolg geblieben zu sein. Wenigstens trug sie fortan gegen den Grafen Osterman ein zuvorkommenderes Wesen zur Schau und äusserte sich über ihre kaiserliche Nichte weit günstiger als vordem[2]. Auch hören wir bald von einem regen Briefwechsel zwischen Ulrike und ihrem seit Anfang October bekanntlich in Petersburg weilenden prinzlichen Bruder; einem Briefwechsel, dessen Thema jedenfalls das von dem Preussischen Könige so warm befürwortete Versöhnungsproject zwischen seiner Schwester in Schweden und seiner hohen Russischen Bundesgenossin gebildet hat[3]. Hingegen scheiterte

  1. Friedrich an Heinrich, 12. u. 30. August; 9. September u. 30. November. Oeuvres de Frédéric le Grand XXVI, 321–23 u. 340 f. – Dass die Sendung Heinrich’s nach Schweden keineswegs, wie Friedrich in seinen „Denkwürdigkeiten“ (Oeuvres VI, 33) sagt, ein „hasard“, sondern schon seit langer Zeit vorbereitet war, ergibt sich aus einer Petersburger Depesche Solms’ vom 8./19. Januar 1770 und aus der Antwort Friedrich’s vom 4. Februar. Sbornik XXXVII, 269–71 (Petersburg, 1883).
  2. Cocceiji, 14. August: „On a déjà remarqué hier que les insinuations du Prince [Henri] ne sont pas restées sans effet – – –. Le Cte. Osterman reçut hier un accueil très gracieux à la Cour“. Vgl. Cocceiji, 31. August.
  3. Oberst Sinklaire an Gustav, 14. Januar 1771 (Upsala Bibl.): Er sei sehr besorgt „à l’égard de la correspondance du Prince Henri. La Reine ne
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_108.jpg&oldid=- (Version vom 13.9.2022)