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des Schwedischen Königshauses. Denn auf ihm trat der junge Kronprinz zuerst in die Oeffentlichkeit, auf ihm kam derselbe zu der Erkenntniss, dass ein von den Launen der Hüte oder Mützen abhängiges Schweden nichts anderes als einen wehrlosen Spielball in den Händen feindlicher oder gleichgültiger Nachbarreiche bildete, und dass nur ein starkes, unabhängiges Königthum sein Vaterland aus dessen erniedrigenden Lage zu befreien vermochte.


VI.
Friedrich der Grosse und Gustav III. vor und nach dem Stockholmer Staatsstreiche vom 19. August 1772.

In seiner frühesten Jugend war der Schwedische Kronprinz Gustav ein begeisterter Bewunderer seines königlichen Oheims Friedrich gewesen, und noch 1762 hatte er es tief schmerzlich empfunden, dass der Reichsrath und die Reichsstände seiner Bitte, unter den ruhmreichen Fahnen Preussens seine militärischen Kenntnisse vervollkommnen zu dürfen, ihre Zustimmung versagten[1]. Im Verlaufe der nächsten Jahre, namentlich nach dem Uebergang ins Lager der Hüte, kam er jedoch immer mehr zu der Ueberzeugung, dass seine eigenen Bestrebungen und Ziele mit denen des Preussischen Königs nur wenig harmonirten, und die unausbleibliche Folge davon war, dass das früher so freundschaftliche Verhältniss zwischen beiden ein kühles, ja feindselig gereiztes wurde.

Im Januar 1770 hatten die Schwedischen Reichsstände für eine Reise Gustav’s nach Deutschland und Frankreich eine nicht unbeträchtliche Geldsumme bewilligt. Friedrich, dem die Sympathien seines Neffen für Frankreich kein Geheimniss geblieben waren, erkannte sofort klaren Blickes, dass dieses Reiseproject nur politische Zwecke verfolgen und dazu dienen sollte, die seit einiger Zeit stark gelockerten Bande der Schwedisch-Französischen Freundschaft wieder fester zu knüpfen und den Versailler Hof für die weitumfassenden Pläne des Schwedischen Thronerben zu gewinnen, und dass es demnach nur allzu sehr geeignet war, das kaum eingeschlummerte Misstrauen der Petersburger Regierungskreise

  1. Vgl. Malmström V, 209; Fersen III, 28 f. u. Geijer I, 39 f.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_107.jpg&oldid=- (Version vom 10.3.2023)