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Monarch auf Anrathen seiner Freunde ganz unerwartet vor versammeltem Senat eine Beschwerdeschrift zu Protokoll, in welcher er die sofortige Einberufung eines ausserordentlichen Reichstages verlangte, da dies nach seiner Ueberzeugung das einzige Mittel zur Beseitigung des täglich wachsenden Elends sei. Es geschah, was die Anhänger des Hofes erwartet und erhofft hatten: die Forderung des Königs wurde von den Reichsräthen abschlägig beschieden, die Aufregung aber, welche ohnehin schon allenthalben in Schweden herrschte, noch um ein Beträchtliches gesteigert[1].

Unter diesen Umständen bat Osterman, der nach seiner eigenen Aussage seit einem halben Jahre von seiner Regierung keine Instruction erhalten hatte[2], Januar 1768 um schleunige Zusendung von 26 000 Rubeln „behufs Ermunterung und Verstärkung der Wohlgesinnten“, eine Forderung, die er damit begründete, dass die Parteigänger Frankreichs und des Stockholmer Königshofes sich wider Erwarten schnell von ihrer letzten Niederlage erholt hätten und „frecher als zuvor“ die Unzufriedenheit der grossen Menge durch Lügengewebe aller Art zu heller Flamme anzufachen suchten[3]. Noch schwärzer sah sein Dänischer College Juel, der sogar zu berichten wusste, die Königin Ulrike und ihre Freunde beabsichtigten „effectiv“ die Bevölkerung der Schwedischen Hauptstadt „zur Emeute aufzuwiegeln“, einen Theil der Reichsräthe ermorden zu lassen und die allgemeine Verwirrung zur Wiederherstellung des absoluten Königthums zu benutzen[4], und wenig hoffnungsvoller lauteten die Depeschen des Preussischen Gesandten, der unter Anderem erklärte, „die Dinge könnten sich unmöglich bis zum Jahre 1770 in dem gegenwärtigen Zustand halten“ (soutenir) und die Einberufung eines

  1. N. Tengberg S. 61 f. Vgl. Cocceiji, 12. Februar 1768.
  2. Cocceiji, 8. Januar 1768: O. habe ihm gesagt „que le Cte. Panin, uniquement occupé des affaires de Pologne, le laissait plus de six mois sans instruction“. Dies entspricht der Wahrheit; denn die Briefe Panin’s an O. vom 5./16. Juni, 31. August/11. September, 23. November/4. December und 30. November/11. December 1767 [Russ.] (Sbornik LXVII, 378; 453–54; 511–12 u. 541–42. Petersburg, 1889) behandeln nur Pensions- und Darlehensangelegenheiten, welche Löwenhielm, Friesendorff u. Horn betreffen.
  3. Solovjev XXVII, 305–306.
  4. J. an Bernstorff, 15. December 1767. Corr. minist. II, 336 Anm. 1.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_080.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2022)