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Der Dichter Hermann von Sachsenheim († 1458) prunkt mit seiner Wissenschaft von dem „grossen Jahr“ oder Weltjahr des „Astronomus“ Platon; allerdings legt er sie einem Heiden in den Mund:

„Nach sechs und drissig tusent jaren
So sicz wir aber wider hie.“

Die mit der Kaisersage zusammenhängende Prophezeiung des Gamaleon lässt ganz nach Orientalischer Anschauung die einzelnen Jahrtausende von den Planeten regiert werden; jetzt stehe man im siebenten und letzten, unter der Herrschaft des Mondes, vor dem Ende der Welt[1]. Am Tisch der Herzöge von Oels sagt 1470 einer ihrer Räthe, die Zwietracht der Gegenwart sei ein göttliches Verhängniss, „und nach der Erklärung der Astronomie wollen es die Planeten so“, was dann freilich Herzog Conrad der Schwarze nicht zugibt. Und im nämlichen Jahr beobachtet der Berner Stadtschreiber Frickart bei der Schultheissenwahl den Himmel; er fand da „böse widerwärtige Zeichen um das Gestirn dieser Stadt drohend Unruhe und Aufruhr“[2]. Frickart hat dies in sein Geschichtswerk aufgenommen, wie uns auch sonst häufig genug in den historischen Aufzeichnungen der Zeit Spuren des herrschenden Wahns begegnen, selbst bei Geistlichen, wie bei dem Lübecker Dominicaner Hermann Korner, oder dem Wiener Theologen Thomas Ebendorffer, der freilich die Astrologie mit einem Gemisch von Interesse und Misstrauen betrachtet[3]. Ueber den gleichen

  1. Vgl. Sitzungsberr. der Münchener Akad. 1884, p. 567; 570 ff.; 596 ff. (über den Astrologen Lichtenberger); Histor. Zeitschr. N. F. V (1879), 22 ff.; 32. Die Theorie von der 1000jährigen Herrschaft der einzelnen Planeten findet sich z. B. in einem Türkischen Kalender von 1398/99 (Naumann, Catal. libr. mss. in bibl. civ. Lips., Grimma 1838, p. 506). Ueber das Weltjahr vgl. Sachsenheim (Bibl. des literar. Vereins CXXXVII, 181); Johannes Nauclerus, Chronica (Köln 1544), p. 390.
  2. Vgl. Peter Eschenloer, Hist. Wratislaviensis (Script. rer. Siles. VII. Breslau 1872), p. 221; Frickart, der Zwingherrenstreit (Quellen zur Schweiz. Gesch. I, p. 80).
  3. Vgl. z. B. Theoderici de Nyem De scismate libri tres (ed. Erler, Leipzig 1890), I, 35; II, 30; Bartoschek von Drahonic, bei Dobner, Monum. hist. Boemiae I, 179 f.; 186; 195; 197; Hermann Korner, Chronica novella, bei Eccard, Corp. hist. med. aevi II, 1268; Thomas Ebendorffer, bei Pez, Script. rer. Austr. II, 877 f.; 883 f.; 894; 901 und Mittheil. des Inst. für Oesterr. Gesch., Ergänzungsbd. III, 152; Konrad Stolle, Erfurter Chronik (Bibl.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_064.jpg&oldid=- (Version vom 26.2.2023)