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Wenn Ailli schon zu Lebzeiten wegen eines Studiums, das weder seinem Stand noch seinem Alter gezieme, angegriffen wurde, so erreichte diese Kritik nichts Anderes, als dass er sich und seine geliebte Kunst auf das eifrigste vertheidigte[1]. Ueberhaupt vermochte weder die kirchliche Wissenschaft noch auch der erstarkende Humanismus dem Wachsthum der Astrologie zu steuern, die sich während des 15. Jahrhunderts und zumal nach der Erfindung des Bücherdrucks in immer weitere Kreise verbreitete. Wohl erging das eine und andere Urtheil gegen astrologische Speculation und Superstition, aber der Canoniker Zanino de Solcia in Bergamo, der neben anderen seltsamen Irrlehren wie Cecco d’Ascoli das Erscheinen und Schicksal Christi aus der „zwingenden Gewalt der Gestirne“ erklärte, wurde nicht verbrannt; vielmehr milderte Papst Pius II. noch den auf ewiges Gefängniss lautenden Spruch des Inquisitors. Auch der Französische Astrolog Simon de Phares, der in sehr unliebsame Berührung mit dem Erzbischof von Lyon gerieth und durch seine Berufung an das Parlament nur ein entschiedenes Verdammungsurtheil gegen seine „teuflische“ Kunst erreichte, scheint immerhin dem Aeussersten entgangen zu sein[2]. Ueberall nisteten sich astrologische Vorstellungen ein, im Kalender und in der Medicin, in den populären Weissagungen und im Sprachgebrauch des Volkes selbst.

    Revolution zum Verwechseln ähnlich sieht“, gethan habe. Ebenso Lea III, 445. Dagegen hat schon Schleiden (Studien, 2. Aufl., p. 266; 268 ff.) ausführlich nachgewiesen, dass die Prophezeiung sich gar nicht unmittelbar auf das Jahr 1789 bezieht; allerdings irrt auch er darin, dass er dieses Jahr ausser jeden Zusammenhang mit der Prophezeiung setzen will, während dieselbe, wie sich aus dem Wortlaut ergibt („his itaque praesuppositis“ heisst eben nicht: „nachdem wir dies beiläufig erwähnt“), auf den ganzen Zeitraum zwischen dem Jahr 1693 und 1789 geht.

  1. Vgl. Tschackert p. 176. Sehr scharf wird Ailli nachmals verurtheilt von Pico della Mirandola (Disput. in Astrologiam II, 4; V, 9) und noch später von dem Jesuiten Bened. Pererius, vgl. Zöckler I, 511.
  2. Vgl. d’Argentré, Coll. iudiciorum I, 2, 253 f.; Voigt, Enea Silvio III, 581; Lea II, 271; III, 868; L. Pastor, Gesch. der Päpste II, 199 f.; über Phares: Lea III, 445 f.; Papst Paul II. hätte gewünscht, das Studium der Poesie und die Ausübung der Astrologie zu verbieten; vgl. Pastor a. a. O. II, 645; über die Disputation des Franziscaners Bernardino von Feltre mit einem Astrologen vor dem Herzog von Urbino (1485): Wadding Annales Minorum XIV, 397
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_063.jpg&oldid=- (Version vom 26.2.2023)