Seite:De DZfG 1892 08 055.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Toledanische Weissagung, die im Jahre 1322 alle erdenklichen Schrecknisse für 1329 aus den Sternen lesen wollte. Der Paduanische Notar Albertino Mussato erzählt, wie man schon 1328 in allen Gegenden Italiens den Beginn dieser Schrecknisse zu verspüren glaubte: man war gefasst auf pestbringende Luft und grosses Sterben, Stimmen und Seufzen vom Himmel, unerhörte Sonnenfinsterniss, Erdbeben in sehr vielen Theilen der Welt, Hungersnoth, Ueberschwemmungen, Donner und Blitz, Blutvergiessen, Untergang eines grossen Königs; nur wenige Menschen sollten überhaupt mit dem Leben davonkommen[1].

Damals trafen diese Erwartungen nicht ein; als aber seit 1348 der schwarze Tod seinen Umzug durch Europa hielt, beeilten sich vor allem die berühmtesten Vertreter der Medicin, die Hauptursache des Unheils in der grossen Conjunction des Jahres 1345 zu suchen, welche den Saturn, Jupiter und Mars im Zeichen des Wassermanns vereinigt hatte[2]. Aber auch Erschütterungen des staatlichen und gesellschaftlichen Daseins, wie die Unthaten der „Companien“, der verrufenen Söldnerbanden, oder das Erscheinen

  1. Vgl. über den Umlauf der Prophezeiung in Italien Alb. Mussatus, Ludovicus Bavarus (Böhmer, Fontes I, 183 f.), in Böhmen Chronicon Aulae Regiae II, 22 (Fontes rer. austr. I, 8, 464 ff.). Das Nichteintreffen astrologischer Vorhersagungen vermerkt wiederholt Johannes von Winterthur (Ausg. von G. v. Wyss, Zürich 1856) p. 104; 220 f. Eine Prophezeiung der Astrologen von Paris und Montpellier vom Jahr 1342 (für 1344), die aber nicht eintraf, gibt der Prager Domherr Franz in seiner Fortsetzung der Königsaaler Chronik (Fontes rer. austr. I, 8, 568); derselbe zeigt sich trotzdem mehrfach als einen eifrigen Anhänger und Kenner der Astrologie, vgl. p. 560 ff.; 583 f. („eodem anno [1345] currente et virtute constellationis regnante“ u. s. w.); 594 ff. (über den schwarzen Tod 1348), während sein Vorgänger Peter von Zittau gelegentlich jener Prophezeiung von 1322 (s. o.) die Astrologen auf das Schärfste kritisirt.
  2. Vgl. gegen die früher von Hecker vertretene und auch noch bei Haeser, Lehrb. der Gesch. der Medicin III³ (1882), 98; 105 ff. grösstentheils festgehaltene Auffassung von der Einleitung der Epidemie „durch die heftigsten Erschütterungen der Erde und des sie umgebenden Luftkreises“ R. Hoeniger, Der schwarze Tod in Deutschland, Berlin 1882, p. 49 ff.; 141 ff.; ebd. p. 149 ff. das Gutachten der Pariser medicinischen Facultät und ein Theil der Schrift von Chalin. Ueber die astrologische Erklärung bei Simon von Covino und dem Leibarzt des Papstes Guy de Chauliac vgl. Haeser III³, 101 f.; 175 f. Neben der früher erwähnten Polemik des Matt. Villani gegen die Astrologen vgl. auch Böhmer, Fontes I, 474. IV, 261; Script. rer. Pruss. V, 622.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_055.jpg&oldid=- (Version vom 26.2.2023)