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nach wie vor von mönchischen Astrologen, Alchemisten und wohl gar Nekromanten. Und der in Frankreich verfolgte Averroismus durfte in Italien sich Jahrhunderte hindurch eines gesicherten und geehrten Daseins an weitberühmten Hochschulen erfreuen.

Mit dem 13. Jahrhundert tritt die Astrologie, wie Jakob Burckhardt sagt, „sehr mächtig in den Vordergrund des Italienischen Lebens“. Ob dabei, wie er annimmt, die Ueberlieferung aus dem klassischen Alterthum noch mitgewirkt hat? Dies könnte jedenfalls nur für die gewöhnliche astrologische Praxis gelten[1], während die astrologische Philosophie der Italiener ihre Arabische Herkunft nicht verleugnet. Zu den Berühmtesten aus jener Toledanischen Uebersetzerschule zählten Gerhard von Cremona († 1187) und Michael Scotus, der Englische Hofastrolog Kaiser Friedrichs II., den Renan geradezu den „Begründer des Averroismus“ nennt[2]. Und der grosse Staufer, sein Sohn König Manfred, sein fürchterlicher Parteigänger Ezzelino, sie sind nur die gewaltigsten Typen eines Geschlechts, dem nichts mehr heilig war, als die eigene Kraft und das unheimliche Licht der am Himmel wandelnden Herren des Schicksals. Ezzelino soll sein blindes Vertrauen auf die Constellationen von seiner „in der Astrologie bewanderten“ Mutter geerbt haben; gleich ihm haben noch lange nachher Italienische Heerführer sich die günstige Stunde zum Ausmarsch oder zum Schlagen von Astrologen ausrechnen und vorschreiben lassen[3]. Der grosse Sterndeuter Guido Bonatti, der abwechselnd Dynasten und Republiken diente, war

  1. J. Burckhardt, Die Cultur der Ital. Renaissance II³ (Leipzig 1878), 279; Jourdain in der Revue des questions historiques XVIII (1875), 138. Bei dem hervorragendsten Römischen Astrologen, Julius Firmicus Maternus, findet sich (Matheseos lib. III, 1) allerdings auch ein Horoskop der Welt und eine ganz oberflächliche Gliederung der Menschengeschichte, die sich aus der von Saturn beeinflussten rohen Urzeit bis zu der schliesslichen Verfeinerung und sittlichen Verschlechterung unter Mercur entwickelt, indem fünf Planeten (ohne die Sonne) der Reihe nach mit dem Mond in Conjunction treten; vgl. Häbler p. 35 f. Von einer Einwirkung dieser Theorie auf das frühere Mittelalter ist mir bisher nichts bekannt.
  2. Renan p. 208 ff.; Reuter II, 271 f.
  3. Vgl. Burckhardt II³, 283 f.; M. Jähns, Gesch. der Kriegswissenschaften I, 281; 360; ein frühes Beispiel aus dem 12. Jahrh. bei Hugo Falcandus (Muratori, Rer. italic. scriptores VII, 295).
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_042.jpg&oldid=- (Version vom 25.2.2023)