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Ueber die Regierungszeit Philipp’s des Schönen sind im Berichtsjahre mehrere wichtige Arbeiten erschienen: zunächst Ch. V. Langlois’ Ausgabe von Pierre Dubois’ Abhandlung De recuperatione terre sancte[1]. Diese Denkschrift, die sich in der grossen Bongarsschen Sammlung ganz verlor, handelt weniger vom heiligen Land als von der Reform der Europäischen Gesellschaft. Pierre Dubois war seiner Zeit weit voraus geeilt und musste daher seinen Zeitgenossen als ein Schwärmer erscheinen; keine der von ihm vorgeschlagenen Reformen war für die Fürsten des 14. Jahrhunderts annehmbar. Seine Abhandlung liest sich darum nicht weniger interessant. Darf man Dubois auch nicht als einen Vorläufer der Französischen Revolution bezeichnen, so kann man ihn doch einigen der Reformatoren des 16. Jahrhunderts vergleichen.

Den cursus honorum eines der Räthe Philipp’s des Schönen gibt uns Langlois’ kleiner Aufsatz über Pons d’Aumelas[2]. Die administrative Laufbahn desselben können wir hier ziemlich gut verfolgen. Bisher hatte man aber auf eine Angabe Boutaric’s hin angenommen, dass er auch schriftstellerisch, und zwar über dieselben Gegenstände wie Pierre Dubois thätig gewesen sei. Langlois erklärt jedoch, von solchen Schriften bisher nicht die geringste Spur gefunden zu haben. Ebenfalls aus Langlois’ Feder stammt ein werthvoller Artikel über die Templer[3], in welchem die Anklagen gegen den berühmten Orden einer kritischen Prüfung unterzogen werden. Ohne die Opfer Philipp’s des Schönen von jeder Schuld freisprechen zu wollen, besteht doch Langlois mit Recht darauf, dass das Processverfahren, welches ihre Verurtheilung zur Folge hatte, ein gewaltthätiges war.

14. Jahrhundert. In unserem letzten Literaturbericht zeigten wir eine Arbeit Pirenne’s über die Schlacht bei Courtrai an[4] Die Ergebnisse, zu denen dieser Belgische Gelehrte gelangt ist, sind jetzt von Fr. Funck-Brentano[5] einer gründlichen Kritik unterzogen worden. Nach eingehendem Studium aller Chronisten und nach Vergleichung ihrer Berichte mit einigem urkundlichen Material glaubt der junge Gelehrte behaupten zu können, dass General Köhler und der ihm folgende Pirenne auf einen ganz falschen Weg gerathen sind und man zu der von Pirenne als Sage bezeichneten Französischen Version wieder zurückkehren muss. Demgemäss würden die Flamänder dadurch gesiegt haben, dass sie die Französischen Ritter in die

  1. Vgl. Bibliogr. ’91, 2266.
  2. Pons d’Aumelas. BECh 52, 259–64.
  3. Vgl. Bibliogr. ’91, 1510.
  4. Vgl. DZG V, 197.
  5. Vgl. Bibliogr. ’92, 372 a.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 436. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_437.jpg&oldid=- (Version vom 17.2.2023)