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II. Allgem. Verfassungs- u. Cultur-Geschichte. Die von Fustel de Coulanges selbst noch vorbereitete und von einigen seiner Schüler veröffentlichte neue Auflage seiner Verfassungsgeschichte hatten wir schon voriges Jahr zu erwähnen. Es erschienen seitdem zwei von C. Jullian besorgte Bände (die den früher besprochenen vorangehen) unter dem Titel: „La Gaule romaine“ und „L’invasion germanique et la fin de l’Empire“[1]. Auf Fustel’s Beispiel kann man diejenigen verweisen, welche den Werth der Kritik leugnen. Nur scheinbar nämlich wies der grosse Gelehrte die wider seine Ansichten erhobenen Einwendungen schroff ab, in Wahrheit verwerthete er sie sorgfältig. Wissenschaft und Literatur haben auf diese Weise ein ebenso trefflich wie geistreich geschriebenes Werk gewonnen; man wird dasselbe in Zukunft ganz besonders berücksichtigen müssen.

Nicht zu vergleichen mit Fustel’s Werk ist eine Abhandlung R. Petiet’s, betitelt: Du pouvoir législatif en France depuis l’avènement de Philippe le Bel jusqu’en 1789[2]. Der Verfasser ist Jurist und kennt den Text der Gesetze offenbar besser als historische Documente; trotzdem wird seine Arbeit von einigem Nutzen sein.

Nebenbei erwähnen wir die neue Auflage von A. Luchaire’s Histoire des institutions monarchiques de la France sous les premiers Capétiens (987–1180)[3]. Das Werk wird mit Recht geschätzt; der Verfasser hat bei diesem Neudruck die in den letzten Jahren erschienene einschlägige Literatur gebührend berücksichtigt.

Von durchweg geringerer Bedeutung dagegen ist die Untersuchung des Abbé L. Bourgain über das Kirchengut vor der Revolution[4]. Sein Stand erschwerte dem Verfasser die unbefangene Beurtheilung der Frage. Die Behauptung, die Kirche sei Eigenthümerin und nicht bloss Nutzniesserin ihrer Güter gewesen, erscheint kaum annehmbar. Man kann den Verfasser einfach auf die Juristen der alten Monarchie verweisen, welche fast alle dieselbe Ansicht vertreten haben, von der die Gesetzgeber des Jahres 1790 ausgingen.

J. Baissac’s Les grands jours de la sorcellerie[5] ist kein eigentlich wissenschaftliches Buch. Der Verfasser hat bisweilen verschiedene Zeiten durcheinandergeworfen und ist in der Benutzung der Quellen nicht sehr wählerisch. Gleichwohl kann man die Lectüre

  1. Bibliogr. ’91, 1437 u. 2158. ’92, 205. Vgl. DZG V, 189.
  2. Paris, Rousseau. 1891. 8°. xxviij 295 p.
  3. Paris, Picard. 2 Vol. 1891. 8°. xiv 342 u. 383 p. 15 fr.
  4. Etudes sur les biens ecclésiastiques avant la révolution. Paris, Vivès. 1891. 8°. 406 p. 6 fr.
  5. Paris, Klincksieck. 1890. 8°. 740 p. 10 fr.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 425. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_426.jpg&oldid=- (Version vom 17.2.2023)