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wie er sie bei der Abschiedsaudienz dem Gesandten gegenüber vernehmen liess, ihre verletzende Spitze zu nehmen. Wie sehr ihm an der Aufrechterhaltung guter Beziehungen zu Ungarn lag, beweist der Umstand, dass er an dem nämlichen Tage, an welchem er den Gesandten des Ungarischen Königs entliess, einen eigenen Boten, Štibor mit Namen, durch die Krim und Wallachei an Matthias entsandte. Das Schreiben, welches derselbe erhielt, bewegte sich ganz in der Richtung des dem Gesandten Johannes mündlich gewordenen Bescheides. Nachdem Ivan seinem Bundesgenossen den angeblichen Treubruch noch einmal gebührend vorgehalten hatte, kam er, denselben zugleich in der feindseligen Gesinnung gegen Polen bestärkend, auf sein eigenes Verhältniss zu Kasimir zurück, das niemals einen dauernden Frieden zwischen ihnen ermöglichen werde und ihn zum natürlichen Bundesgenossen und Freunde Ungarns mache. Noch schien Ivan die Hoffnung eines gemeinsamen Ansturmes gegen Polen nicht aufgegeben zu haben, wenigstens gab er Štibor die Weisung, für den Fall, dass Matthias kriegerische Absichten gegen Kasimir äussere, und nach der Kriegsbereitschaft des Grossfürsten frage, von ihm nähere Mittheilungen über seine Plane zu erbitten.

Matthias konnte mit dieser Antwort des Grossfürsten, nachdem er im Jahre 1484 doch sichtbar mehr hatte zusichern lassen als er zu halten gewillt war, immerhin zufrieden sein. Diesem Gefühl der Freude und Befriedigung gab er denn auch in seinem Antwortschreiben vom 16. December 1488, welches er dem Russischen Gesandten an den Grossfürsten mitgab, in erster Linie offenen Ausdruck. Dann suchte er ihn von Neuem von seiner Bundestreue zu überzeugen. Obwohl der König von Polen – so fährt Matthias fort – schon mehrmals durch Vermittlung des Böhmischen Königs oder anderer Persönlichkeiten bei ihm auf Frieden angetragen habe, so habe er solche Versuche doch stets zurückgewiesen, aus dem Grunde, da er ohne Wissen des Russischen Grossfürsten sich nie mit Kasimir einigen werde. Der Schluss des Schreibens sieht wiederum sehr kriegerisch und feindselig aus. Denn nachdem er an Ivan die Aufforderung gerichtet hat, ihn von jedem feindseligen Vorhaben, das jener gegen Polen plane, zu unterrichten, damit er sogleich alle anderen Dinge bei Seite lassen und sich zum Angriff rüsten könne, gibt er die Absicht kund, unmittelbar nach dem Aufbruch des Russischen Gesandten einen eigenen Boten nach Moskau zu senden, der nicht nur wegen der gegen Polen zu beobachtenden Politik, sondern auch wegen anderer wichtiger Angelegenheiten mit ihm verhandeln solle. Derselbe werde die weitgehendsten Vollmachten behufs Vereinbarung und Feststellung eines Kriegsplanes gegen Kasimir haben.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 411. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_412.jpg&oldid=- (Version vom 17.2.2023)