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zum Spiessruthenlaufen verurtheilt; da jedoch die Pfarrersfrau ihre Unschuld bekundete, wurden sie zwar zum Leben begnadigt, mussten aber dennoch Spiessruthen laufen, weil sie Brot aus der Kirche gestohlen[1].

Freilich wurden die Befehle des Höchstcommandirenden nicht überall befolgt; K. G. v. Wrangel[2] musste selbst zugestehen, dass während seiner Abwesenheit die Officiere nicht die beste Disciplin gehalten, wodurch „das Land zur Herreichung fernerer Subsistence fast inutil gemachet“. Vornehmlich scheint dies bei der Cavallerie der Fall gewesen zu sein, welche des Reichsmarschalls Bruder, Gen.-Lt. Wolmar Wrangel befehligte, dem man von jeher den grössten Theil der Verantwortung beigemessen, freilich unter der irrthümlichen Voraussetzung, dass er damals die ganze Zeit hindurch das Obercommando geführt habe. Mardefelt[3] machte ihm Vorwürfe, dass ein Theil der Reiterei sich ganz „wild“ aufführe und die Einwohner verscheuche; damit er nachdrücklich einschreiten könne, schickte er ihm den General-Profoss-Lieutenant. Ebenso constatirte der General-Proviantmeister, dass die Cavallerie mit den vorgefundenen Vorräthen übel Haus gehalten, was sie nicht verzehrt, verdorben, insbesondere das Bier weglaufen lassen[4]; man kann danach die von Brandenburgischen Edelleuten gethane Aeusserung[5], dass die Schweden in der Mark verdarben, was sie nicht mitnehmen konnten, das Vieh todtgestochen, das Korn auf den Mist geschüttet hätten, auf ihr richtiges Mass zurückführen.

Die Schwierigkeit, die Armee ausreichend regelmässig zu verpflegen, wurde Veranlassung zum Marodiren und Desertiren, insbesondere anscheinend auch wiederum bei der Reiterei; W. Wrangel wurde am 29. Mai von Mardefelt[6] ermahnt, Massregeln dagegen zu treffen; obwohl man noch keinen feindlichen

  1. Staël 33. 39.
  2. v. Wrangel 24*. Die von Pufendorf auszugsweise und in Lateinischer Uebersetzung mitgetheilten Briefe desselben an seinen Bruder und an den Obersten v. Maltzahn, von denen der erstere aufgefangen, der andere bei der Leiche des Gefallenen gefunden sein soll, werden mit Rücksicht auf die tendenziöse Darstellung des Berichterstatters ausser Betracht zu bleiben haben, bis etwa ihre Originale wieder ermittelt werden.
  3. Mardefelt 11.
  4. Mardefelt 12.
  5. v. Heimburg 45*.
  6. Mardefelt 20.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 365. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_366.jpg&oldid=- (Version vom 15.2.2023)